Sadismus, Masochismus in Kultur und Erziehung
34 Sadismus, Masochismus in Kultur u. Erziehung.
prüfen, da ich mit den Knaben direkt und indirekt in Verbindung bleibe.
Ich möchte hier hinzufügen, daß mir die Psychoanalytische Methode in diesem Fall von großem Nutzen war, und daß der Junge sich im Ganzen, während der neun Monate unseres Beisammenseins, um vieles zum Besseren verändert hat.
Jean de Vil]liot erzählt in seiner „Etude sur la flagellation & travers le monde“ (S. 315) einen Fall von einem jungen Smith, welcher sich freiwillig in der Schule prügeln ließ und nach jeder Exekution sich erhob mit den Worten: „Monsieur, je vous remercie.“ Daß die Flagellation ansteckend ist und zum Masochismus oder Sadismus ausartet, beweisen uns folgende Zeugnisse. Dr. Verus schreibt in „Kinderprügeln und Sexualtrieb“: „Ein Patient erzählte: Vielleicht waren die heftigen Schläge mit die Ursache, daß mein Sexualtrieb im vierten Lebensjahr erwachte, ohne daß ich irgend verführt worden wäre; wenigstens entsinne ich mich noch ganz deutlich des Tages, als ich mich zum erstemal der Onanie hingab, dabei ertappt wurde und entkleidet aufs grausamste mit einer Rute bearbeitet wurde ... Dieses Ereignis drückte meinem ganzen ferneren Sexualleben den Stempel auf, denn so oft ich seitdem von Züchtigungen, vor allem solchen mit der Rute, höre oder lese, oder gar solche mit ansah oder vornahm, erwacht mein Sexualtrieb mit kaum zu bändigender Heftigkeit, während mich alle anderen sexuellen Reizmittel kalt lassen.“ Der Autor führt mehrere Beispiele an, -wo Lehrer erzählen, daß sie die Züchtigung nur zur Befriedigung ihrer libido sexualis vorgenommen. Abbe Boileau betont (Historia Flagellantium de vecto et perverso flagrorum usu apud christianos. Paris 1700.) nachdrücklich die Verbreitung des Geißelns durch psychischeAnsteckung. Das bezeugt auch’ein von Cooper erwähnter Fall, wo ein Offizier, der oft bei Züchtigungen seiner jüngeren Geschwister zugesehen hatte, eine solche Leidenschaft fürs Prügeln bekam, daß er Angestellte eines Zuchthauses bestach, damit sie ihm das Amt eines Zuchtmeisters übertrügen. Thomas Shadwell erwähnt eines englischen Lebemannes, welcher sich von Dirnen züchtigen ließ; er meinte: Ichwurde in der Westminsterschule so daran gewöhnt,