Zwölf Tage auf Montenegro : Heft 1. Reisebericht

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indeſſen immerhin ‘das Jnnere der Stadt ausſah, ſo war es trobdem doh ſo maleriſh, wie ich ſelten Aehnliches gefunden. Gerade dieſe alten verfallenen Palläſte, aus deren Mauern das {óne Antirrhinum majus und Kapernſtrauch (Capparis Spi= nosa) Úppig emporwuchſen; aus deren weiten Fenſtern Weinranfen ſih hinauswanden, die ganze Wände ſtellenweiſe überzogen ; wo größere und kleinere Feigenbäume, theils aus den unbedachten, dem Himmel geöffneten Sto>werken zu den Ausgängen hinaus über die Straßen ihre ſ{bnen Blätter ausbreiteten, theils von der Straße emporgeſcoſſen , ihre Zweige über ſie ſelbſt und in die nahe liegenden Fenſter hineinſendeten; gerade ſte gewährten unzählige Anſichten, die für den Pinſel des Malers reichen Stoff zu Bildern dargeboten hätten. Größere Pläße gab es niht. Unbeſchreiblich ſ{<ön war das Meer, das ſeinen von der untergehenden Sonne hervorgerufenen Silberſchein in die engen Gaſſen glänzend uns entgegenſendete. Der außer den Stadtmauern gelegene Theil von Corzola, wo eine Menge Menſchen auf der Schiffswerfte beſchäftigt war, ſchien belebter. Die im Bau befindlichen Böte zeigten noh von einigem Waldreichthum der Umgegend, welcher im übrigen Dalmatien durch barbariſche Willkühr des Venetianiſchen Scepters zu Grunde gerichtet wurde. Die Geſellſchaft des gaſtfreien Podeſta von Corzola, Herrn Mathäus Capor, deſſen Familie ſchon einige hundert Fahre daſelb wohnte, war um ſo lehrreicher und nütlicher für uns, als derſelbe neben ſeiner reihen hiſtoriſchen und antiquariſchen Kenntniß zugleich fertig lateiniſ< \ſprah, wodurc er auch den Paſſagieren, die der italieniſchen und illyriſchen Sprache nicht vollkommen mächtig waren, auf ihre verſchiedenen Fragen verſtändlich werden konnte.

Nach einem nächtlihen Bivouac auf dem Verde>e des Dampfſchiffes machte ih bei Anbruch des folgenden Tages mit Herrn Inſpector Mühleiſen noh eine botaniſche Excurſion auf der Inſel, in deren düſterm Laube (davon Corzola ſeinen alten Namen Coreyra nigra erhalten haben mag) wir reichliche Ausbeute fanden. Durch unabſehbare Stre>en von Granaten, Myrten, Orangen und Piſtacien, von Rosmarin, Ciſlroſen, wilden Oelbäumen und ſ{<mu>en Ericen, von Arbutus Unedo, Janiperus Oxycedrus und phoenicea, von Thuja orientalis, Vi-

Ebel, Zwölf Tage a. Montenegro. 2