Zwölf Tage auf Montenegro : Heft 1. Reisebericht

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auch nicht ‘lange, ſo daß ich ſie erſt am folgenden Morgen wieder ſah. Doch nicht ſélaviſh dünkte mir dieſes Zurücktreten, nicht geboten, denn unſer lieber Wirth war die Freundlichkeit ſelberz eine zarte Schüchternheit, wie ih ſie ſpäter öfter wiederfand.

Während unſeres Mahles blieben wir unſrer fünf, der Pope, ſein Knabe, der nicht wie das faſt gleichaltrige Mädchen {Üchtern, ſondern ganz herzhaft oben auf war, Petrarca, Spiro und ih jedo<h nicht lange allein. Zu meiner großen Verwunderung ſpazierten durh die des Rauches wegen halb geöffnete Thüre, nah und nach ein Montenegriner nah dem andern aus der nächſten Nachbarſchaft herein , vielleicht nur, um aus Neugierde uns zu ſehen, oder au< wohl aus der Ferne ſchon, mittelſt der geöffneten Thüre, durch den kleinen gläſernen Kruß verlo>t, welcher ziemlich lebhaft dur<h die Hände ging, ſo daß, ehe wir es uns verſahen, die kleine Hütte von vielen bärtigen, gebräunten, ziemlih {mutigen und zerlumpten Kerlen gedrängt angefüllt war. Dieſe ungewohnten, unerwarteten und nicht eben ſehr appetitlihen Gäſte wollte ich eigentlih ungerne in unſern Kreis mit eingeſchloſſen ſehen; allein mein guter alter Pope, mit dem ich bereits, obgleich wir wenig mit einander ſprachen, doh dur iviederholtes Herzen eine ret innige Freundſchaft geſchloſſen hatte, ſchien dieſelben als ſo gute alte Bekannte anzuſehen, daß mir natürlich nihts Anderes übrig blieb, als zu dieſem Spiele eine gute Miene zu machen und auch um das fla>ernde Feuer herum, wo fi die Verſammelten gelagert hatten, den mit Wein gefüllten Becher zu ſenden. Das gefiel ihnen! Jn Kurzem wurde das Geſpräch, in welchem bis dahin nur der „Pruſſky “ (Preuße) eine immer von Neuem erwähnte Rolle geſpielt hatte, mannigfaltiger, ſo daß theilweiſe Spiro viel Rede zu ſtehen hatte, vor Allem aber der mit gehörigem Nachdru>e imponirende Petrarca die ganze Fülle ſeines, vor dem gedrängten Volke ſchon oft ‘erprobten Rednertalents, auh unter dieſen Verhältniſſen wieder einmal ret glänzend entfalten konnte:

Die Tafel wurde nach geraumer Zeit, während “welcher, weil es ſhon Nacht geworden, auch einer nah dem andern der ungebetenen Gäſte ſih wieder entfernt hatte, für aufgehoben