Albanien und die Albanesen : Landschafts- und Charakterbilder : mit vielen Abbildungen

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Kanonen gegenüber ſind eigentlich die Albaneſen ſehr mißtrauiſch, denn man fann mit ihnen auf weitere Ent= fernung ſchießen, als mit Martinigewehren. Barom Nopcza, einer dex beſten Kenner Albaniens, erzählt, ein Top (eine Kanone) wirke auf die Albaneſen ſchon dann entmutigend, wenn dieſelbe nur die Bezeichnung Schießprügel verdiene. Der Stamm der Krazsnice habe einmal ein ſol<hes Mordinſtrument beſeſſen und damit ſämtliche Einwohner von Firza, gegen die es aufgefahren war, monatelang in Erregung verſeßt und dieſelben hätten ſi<h erſt beruhigt, als die Höllenmaſchine infolge einex übermäßigen Pulverladung beim erſten Schuſſe geplaßt ſei, ohne jemanden auch nur zu verleßen. Hält man zu dieſer Sorge der Albaneſen vor Kanonen ſi<h no< vor Augen, daß Skutari eine nah türkiſchen Begriffen ſehr ſchöne Stadt iſt, ſo kann man ermeſſen, welh ſ<hre>li<he Drohung der Vali ausſprach. Und dennoch kam niemand zur Einſchreibung. Was aber {at der Vali? Er ließ die Kanonen wieder herunterfahren in die Stadt, ohne auh nux Anſtalten gemacht zu haben, einen Schuß abfeuern zu laſſen.

Die geplante Volkszählung und Anlegung der Stamm= rollen iſt heute no< nicht durchgeführt. Wohl aber iſt das in Skutari angeſammelt geweſene Militär, wie mir vor einigen Wochen mitgeteilt wurde, bereits bis auf einige hundert Mann davongelaufen, hat Waffen und Zelte mit= genommen und iſt in den Bergen verſchwunden.

Aber, ſo wird man fragen, iſt es niht möglich, die Deſerteure in den Bergen zu verfolgen? Ausgeſchlofſen. Der Kiribach, eine Viertelſtunde vom Zentrum der Stadt entfernt, iſt die Grenze des türfiſhen Einfluſſes. Kein türkiſcher Soldat würde es wagen, dieſe Grenze in feind= ſeliger Abſicht zu überſchreiten; ex würde unfehlbar er= ſchoſſen werden. Größere Truppenmaſſen in die Berge zu