Albanien und die Albanesen : Landschafts- und Charakterbilder : mit vielen Abbildungen

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die Durchquerung Nordalbaniens hegten. Solche Unter- ;

haltungen vor der Kirche ſpielen eine große Rolle im al- | baneſiſchen Volksleben. Hier kann man den Albaneſen |

beobachten auch in ſeinem Charakter und in maucher ſeiner Gewohnheiten. Hier fann man ganz beſonders oft die Erfahrung machen, daß wohl mit der Naturanlage „dieſer bewaffneten großen Kinder Europas“

ihre leichte Erregbarkeit und Reizbarkeit ¿uſammenhängt. |

Jede Kleinigkeit empfindet der Albaneſe bereits als!

Kränkung und Beleidigung; ſein Stolz und ſein Ehr= gefühl ſind übermäßig entwidelt. Verfeinden und manchmal auh ausſöhnen liegt beim Albaneſen ſo nahe Zzu= ſammen, wie bei einem Kinde Weinen und Lachen. „Die Leichtigkeit des Entſchluſſes iſt eine Eigentümlichkeit des Albaneſen,“ ſchrieb {hon Hahn in ſeinem epochalen Reiſewerk; „er iſt ein Mann der Tat, aber auch nichts mehr, woraus ſi< ein raſcher Uebergang von einem Affekt zum anderen folgern läßt“. Hahns Führer Don Angelo beſtätigte dieſe Wahrnehmung in vollſtem Um= fange und erzählte kraſſe Beiſpiele von der fabelhaften Reizbarkeit der Albaneſen und ihrer Neigung zum Jäháorn, Don Angelo erzählte Beiſviele von jungen Leuten, welche als gute Freunde zuſammen verkehrten, lachten und ſcherzten, worauf im nächſten Augenbli>e der eine ſeine Piſtole zog und den anderen niederſchoß. Aus dieſem impulſiven Nachgeben der augenblilichen Stimmung iſt es wohl auch erklärlih, daß der Albaneſe nie einen

Augenbli> zögert, den Beleidiger niederzuſchießen, trozdem -

er weiß, wie ſehr er und ſeine ganze Familie unter dieſer Tat zu leiden haben werden. Typiſch iſt für das oft plöglihe Ausbrechen der Leidenſchaften bei den Albaneſen der von Träger in der „Zeitſchrift für Ethnologie“

I

(1900, Seite 50) berichtete Vorfall, den ihm der Pfarrer | von Schlaku wie folgt erzählt hatte: Am zweiten Oſter- | feiertage entſtand vor der Kirche ein Zwiſt, Ein junger i