Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 1.

Von Schmidt-Weißenfels. 189

daß dieſe beiden Chebündniſſe den Frieden beſiegelten, welhen na< langer Feindſchaft dieſe zwei Familien ge= ſ<loſſen. Gleichviel, Franziska wurde an Giovanni di Malateſta gegeben, ohne daß beide ſi vorher perſönlich ge= kannt, noc geſehen hatten. Ja, es iſt niht zu bezweifeln, daß der jungen Edeldame von ihrem Vater die abſtoßen= den Eigenſchaften Malateſta’3 verheimli<ht wurden, und dieſer ſelbſt mit der trügeriſhen Art einverſtanden war, in welcher das fein gebildete und ſtolze Mädchen mit ihm unauſlösli< verbunden werden ſollte, Denn es wurde zwiſchen Schwiegervater und Schwiegerſohn im Voraus ausgemacht, daß der Lettere ſi< in Stellvertretung mit Franzisfa vermählen laſſen ſolle.

Dergleichen Abſchlüſſe von Cheverträgen dur< einen Bevollmächtigten, der im Namen des Bräutigams förm= li fich mit der Braut trauen läßt, und dieſe dann dem ſo dur< Stellvertretung verheiratheten Vollmachtgeber zu= führt, worauf dann eine no<malige Cinſegnung des eigentlichen Paares ſtattfindet, werden unter fürſtlichen Perſonen ja no< bis zum heutigen Tage vollzogen. Jm Mittelalter waren ſie unter den Vornehmen allgemein gebräuchlich, in den romaniſchen Ländern zumal, und es ſag auh im Cha= rafter der höheren Stände in jener Zeit, duz< ſolche Mittel eine Liſt oder ſelbſt einen Betrug auszuführen, dem die Erwählte zum Opfer fiel.

Giovanni der Lahme beſtimmte als ſeinen Stellvertreter zur Antrauung Franziska’s ſeinen jüngeren Stiefbruder Paolo. Ganz im Gegenſaß zu dem Aelteſten nannte man ihn allgemein den Schönen, und inſofern konnte die Wahl