Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 4.

186 “Eine gelehrte Schildwache.

In der Stadt Rinteln alſo war im Jahre 1719 ein holländiſcher Werbe=Offizier, Jan van Breughen, mit der Aufgabe ſtationirt, kräftige junge Leute für die engliſche Landarmee anzuwerben und über den Kanal na< England zu bringen ; und dazu war feine Stadt geeigneter, als gerade eine Univerſitätsſtadt, denn der Student, der über wüſten Trinkgelagen und tollen Naufhändeln, toie fie die rohe Zeit mit ſich brachte, das Studiren vergeſſen und weder Kredit noh Geld mehr zum Leben hatte, zog es im Allgemeinen vor, dem bürgerlichen Leben Valet zu ſagen und Soldat u werden. Durch die ſtudentiſchen Duelle an das Waffen= handwerk etwas gewöhnt und infolge beſtandener Gefahren keine Furcht kennend, wurden dieſe „verbummelten“ Stu= denten gewöhnlich die tapferſten und intelligenteſten Soldaten.

Zu derſelben Zeit lebte in Rinteln ein alter vielgerei8= ter Student der Philoſophie, der bisher von allen Univer= ſitäten als ein unverbeſſerlicher Raufbold relegirt worden und infolge deſſen von dem akademiſchen Senat der Uni= verſität zu Rinteln niht in den Verband der Studenten aufgenommen war; dies bemooste Haupt war trobdem in der Stadt geblieben und unter der jüngeren Studenten= ſchaft wegen ſeiner hervorragenden Leiſtungen in der Fecht= funſt, wie dur ſeine rieſige Körperkraft zu einem ſolchen Anſehen gelangt, daß ſeine öffentliche Entfernung aus der Stadt, ohne großes Aergerniß bei den Studenten zu er= regen, niht mögli<h war. Es gab keine Prügelei, keine Kabenmuſik, keine Studentenpaukerei in der Bannmeile von Rinteln, an denen nicht der berüchtigte „Bierzapf“, ſo hieß der wilde Studio unter ſeinen Kommilitonen allgeutein,