Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 4.

218 Die lebten Tage eines Kaiſerreichs.

die Wachſamkeit bei dem Kloſter, in welchem wir gefangen gehalten wurden, bedeutend verringert worden zu ſein, was ſich Keiner von uns erklären konnte, da die Cxrefution am 19. Juni in aller Frühe ſtattfinden follte. Man hatte uns andere Gefangene auf freien Fuß geſeßt und den Wachen ſogar Befehl gegeben, uns freien Zutritt zu den Verurxtheilten zu geſtatten, um den leßten Abſchied zu nehmen. Doch wenn auh die Wachen um das Gefängniß herum verringert waren, fo wäre ein Entrinnen der Ver= urtheilten doch ſehr ſhwierig geweſen, indem die Thore der Feſtung deſto ſchärfer bewacht wurden.

Es wax bereits ſpät in der Nacht, als i<, um vom Kaiſer perſönlih Abſchied zu nehmen, den Raum betrat, in welchem die drei Verurtheilten untergebraht waren. Es var dies eine Art von Reitſchule, die von einem Korridor umgeben war. Außerhalb des Korridors hielten ſich die Gefängnißbeamten und Offiziere auf, während drei Thüren in's Innere der Reitſchule führten. Man hatte die Aufmerkſamkeit gehabt, dem Kaiſer ein eigenes Zimmer zu geben, deſſen Thüre dur< eine Portière verhängt war. Der mich geleitende Offizier zeigte mir dieſe Portière und zog ſich dann zurüd>.

Jn dem Augenbli>, als ih die Portière zurü>tſchlagen wollte, glaubte ih hinter derſelben ein unterdrü>tes Schluh-= zen zu hören. Jh blieb ſtehen und wurde Ohrenzeuge folgenden erſchütternden Abſchiedes.

Eine ſonore Mannesſtimme ſagte in deutſcher Sprache :

„Jh beſchwdre Cure Majeſtät, meinen Vorſchlag anz zunehmen und zu fliehen. Alles iſt vorbereitet. Die