Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 5.
Novelle von Adolph Katſch. 169
S< machte meine Kranfenviſiten, las mein Colleg, woran der alte Herr ſeine ganz beſondere Freude hatte, beſuchte Bälle, Konzerte und ſah, was irgend ſehen2werth war; ich geigte und ſang mit Regina, wurde eingeladen zu Sou= vers und Diners, kurz, ih führte ein paradieſiſches Leben und hatte nux die eine Furcht, unverſehens einmal auê= getrieben zu werden aus dem Paradieſe; denn ih fonnte mix endlih ni<t mehr verhehlen, daß i< Regina liebte mit allen Kräften meiner Seele.
Mochte ih mix auch vorhalten, wie groß, wie unüber= ſteiglich groß die Kluft ſei zwiſchen ihr und mix, mein Herz ließ ſich niht zwingen. — Daß die Geliebte mir niht abgeneigt ſei, lag in ihrem ganzen Verkehre mit mir aus= geſprochen; zugleich aber au<, daß ſie noh niht wie ih zum flaren Bewußtſein durchgedrungen tar. Darin lag einerſeits eine Beruhigung, andererſeits aber auch die ge= fahrdrohendſte Klippe für mich. Konnte ih mit dem Aufz gebote aller Willenskraft es wohl verhüten, daß niht un= verſehens einmal ihre unbefangene Vertraulichkeit mi die Schranken würde dux<hbrechen laſſen, die i< einzuhalten mix feſt gelobt hatte? Was dann? Schmach und Schande wäre mein wohlverdientes Loos geworden. J< wollte meinem Wohlthäter niht mit Undank lohnen. Jh mußte mein thöôrihtes Herz bändigen, und dazu gab es nur einen Weg — Trennung!
Der Schluß des Semeſters und meiner Vorleſungen ſtand in wenigen Wochen bevor. J< beſchloß, meine Stellung aufzugeben und mich in irgend einer anderen Univerſitätsſtadt niederzulaſſen.