Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 5.
Von Oswald Heim. 201
mangelten nie, am Neujahrstage dem Kaiſer Auguſtus die strenae zu bringen; war ex abweſend, fo ließen ſie ihre Gaben auf dem Kapitol zurü>. Tiberius ſchaſſte dieſe Geſchente ab, weil es ihm zu koſtſpielig war, den Dank dafür auszudrü>en. Caligula führte fie aber wieder ein und ließ fich ſogar jene no< erſtatten, welche ſein Vor=gänger abgelehnt hatte; er ſ{hämte fich niht, in höhſtz eigener Perſon diefe Gaben vor den Thoren feines Palaſtes entgegenzunehmen, ohne jemals Gegengeſchenke zu machen. Die Neujahrêgeſchenke erhielten fich troz der Gegenagitation der erſten Chriſten; man verlegte ſie zeitweilig auf das Oſterfeſt, doh machte man ſie ſpäter wieder am erſten Fanuar.
Eine hervorragende Rolle ſpielen die Neujahrsgeſchente, „les étrennes“, in Frankreich. Bekannt iſt die Leidenſchaft der Franzoſen für Bonbons, ebenſo die Sitte, zu Neujahr eine Bonbonnière in das Haus zu ſenden, welches uns gaſt= frei feine Pforten dffnet. Es iſt das eine Huldigung, die den Frauen dargebracht wird. Wochen lang vox dem Neujahrêtage ſ<müden feine Wunderweïke von Bonbonnièren die Schaufenſter der erſten Confiſeure, und ſelbſt der fſeine Evicier pußt feinen Laden mit den niedlichſten Schächtelchen. ufer Bonbons beſtehen die Etrennes auh wohl aus Vaſen’, Bronzen, ſeltenem Porzellan oder irgend welchen anderen Kunſtgegenſtänden.
Die Glüctwunſchkarten zum Beginn eines neuen Jahres, welche mit Hilfe der in neuerer Zeit zu ſo großer Aus= bildung gelangten vervielfältigenden Künſte gegenwärtig in großen Maſſen und in außerordentlicher Mannigfaltigkeit