Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 6.

44 Klippen des Glüs.

Verſchwunden war der zauberiſche Reiz, der früher Bertha’s wunderbare Schönheit in ſeiner Erinnerung noh verklärt hatte. Mit einem Gefühl faſt des Abſcheues dachte ex an ſie. Aber trobdem ſagte er ſich ſelbſt, daß ex der Einladung na< Linau Folge leiſten müſſe. Er durfte nicht feige zurü>weihen vor der Verführung, mannkaft mußte er ihr die Stirne bieten; aus ſeinem Munde mußte es Bertha hören, daß er erwacht ſei aus dem Wonne= taumel, in welchen ſie ihn dur< ihre Umarmung ge= zogen hatte.

28.

Die Sonne neigte ſi ſchon ſtark zum Untergange, als Wangen mit ſeiner Frau und Schweſter von dem Beſuch in Plagniß nach Linau zurü>kehrte. Als dex Wagen in den Schloßhof einfuhr, bemerkte Wangen zu ſeinem Er= ſtaunen, daß eine fremde einſpännige Kaleſche ausgeſpannt auf dem Hofe ſtand und daß ein ihm unbekannter Menſch, den eine f{<äbige Livree als den Kutſcher bezeichnete, ſich in der Stallthüre träge an dem Pfoſten lehnte.

„Es ſcheint, als hätten wix während unſerer Abweſen= heit Beſuch bekommen. Wex mag es ſein? J<h kenne das Fuhrwerk nicht,“ ſagte Wangen verwundert, aber Klär= en fannte es, wenigſtens den Kutſcher, der erſt vor acht Wochen die Tante Saſtrow von der Station N. nach Linau gefahren hatte, als die Tante fo unvermuthet auf aht Tage zum Beſuch gekommen war.

„Alſo ein Beſuch, der mit dex Eiſenbahn gekommen iſt. Wer mag es nux ſein?“