Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 6.

90 Klippen des Gliü>s.

Hätte ex in jenem Augenbli> an ihn gedacht, dann wäre er ſih nicht ſelbſt untreu geworden, dann hätte die Ver= führerin keine Macht über ihn gewonnen!

Wo mochte Lieschen jezt weilen? Von Storting hatte er nux einen furzen Brief aus Berlin erhalten. Frau v. Oſternau hatte die Hauptſtadt ſhon vor Wochen ver= laſſen, wohin ſie gereist war, das hatte Storting in dent Hauſe, in welchem ſie gewohnt hatte, nicht erfahren können; auh eine Nachfrage bei der Polizei war vergeblich geweſen, und Herr v. Saſtrow, der ihm wohl hätte Auskunft ev= theilen können, war unglüdlicherweiſe ebenfalls verreist. Da blieb denn Storting nichts Anderes übrig, als na< Oſternau zu reiſen, vom Prediger dort hoffte er mit Sicher= heit genaue Nachricht über den gegenwärtigen Aufenthalt der Geſuchten zu erhalten; konnte au<h der Prediger ſie niht geben, dann war Storting entſchloſſen, den Herrn Albrecht v. Oſternau direkt zu befragen, der mußte ja wiſſen, wohin ex die Wittwenpenſion, zu deren Zahlung er verpflichtet war, zu ſchi>en hatte.

Nach dieſem Brief, den Storting unmittelbar vor feiner Abreiſe von Berlin nah Oſternau geſchrieben hatte, war feine weitere Nachricht von ihm na<h Plagniß gekommen. Sein Schweigen erfüllte Egon mit Unruhe und Sorgen, täglih ſchi>te ex dreimal einen reitenden Boten nah der Poſt, um die für Plagniß beſtimmten Briefe abzuholen, aber ſtets kam derſelbe zurü>, ohne die ſehnlichſt erwartete Nachricht zu bringen, daß Storting Frau v. Oſternau auf= gefunden habe.

Endlich am Sonnabend Morgen wurde Egon's Yoch=