Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 1.

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Zeder fühlte, daß der Andere fich in ſeinem Weſen ver= ſtelle, etwas im Stillen mit ſich herumtrage. Selbſt ‘das unſchuldige Kind war von dieſer häßlichen, peinlichen Stimmung angeſte>t. Es bezeigte Furcht vor dem fren= den „Onkel“, ſo freundli< derſelbe au<h gegen es that, und es ſcheute ſich ſogar vor dem Vater, wenn der es liebfoſen wollte. Und ex unterließ es darum auh, denn es fam ihm niht mehr von Herzen, beglüdte ihn nicht mehr. Dieſe ſtille, inſtinktartige Verurtheilung der reinen Kindlichkeit, die er ſo über ſeine Schuld fühlte, folterte ihn, und ex ſuchte daher ihrem Bann ſi zu entziehen ſo viel als mögli<.

Toni hatte am erſten Moxgen nah dex Auſnahme des Gaſtes ihren Mann des Näheren über denſelben und den Zwe> ſeines Beſuches befragt. Ex wollte ihr mit erz heuchelter Unbefangenßheit ein Märchen deêwegen aufbinden, aber er vermochte es ni<t. Judem ſein Bli>é auf die großen, frommen und doch ſo befremdet auf ihn gerichteten Augen dex jungen Frau traf, erſtarb ihm das Wort, ver= zerrte ſich ſein Lächeln, verwirrte ſih ſein Sinn. Ex rettete ſich aus der Verlegenheit, indem er ſ<roff ihr das Fragen als unnüß verwies.

Sie zweifelte von der erſten Stunde an, die Michel im Hauſe war, nicht daran, daß zwiſchen ihm und ihrem Manne geheime Beziehungen beſtünden. Rief {hon das Ahnen ihrer Seele ſolche Zweifel auf, fo beſtärkte ſie das Benehmen der Beiden zu einander von Lag zu Tag. Das wax nimmer der Verkehr zweier Menſchen, von denen der Eine der dantbare Wohlthäter, der Andere der dank=