Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 1.

148 _—_— Der Condéex.

Er legte ſeine Hand auf ihre Schulter, wie wenn dur< feine Aeußerungen die Lüge ſchon ſo ſicher begründet ſei, daß er die Kühnheit einer Liebkoſung gegen ſeine Frau wagen dürfe. Sie ſchauderte bei der Berührung. Jhre Augen bli>ten groß und ſtarr wie die einer Jrrſinnigen in's Leere.

„Faß Dich doch, Toni!“ nahm er ſeine Rede wieder auf. „Schüttle Dir den Schre>en ab und laß uns efen. Die Leute warten.“

Da fie unbeweglich blieb, ging er von ihr und no<hmals hinter ihr weg auf und nieder.

„Heute Nachmittag hatte ih, als er bei mir drüben im Zimmer war und wir eine Pfeife Tabak mit einander rauchten, mit ihm über den Schinderhannes geſprochen. Er fing an; ex hatte das Blatt, was Du neulich mitgebracht, gerade geleſen. Die Geſchichte ging ihm im Kopf herum. J<h erzählte ihm auh unſer Geſpräch darüber — wie es ſo kommt; ein Wort gibt's andere. Jh mußte den Men= ſchen doch unterhalten. Erzählte ihm, daß i<h aus Jux — meinethalben einem dummen — Dich gefragt habe, ob Du mich au<h no< lieben würdeſt, wenn Du erführeſt, ih ſei ſo ein Räuberhauptmann, wie der Schinderhannes, oder wie der Condéer, und was Du darauf geantwortet. Und nun ſprach ex von dieſem Condéex, ſeinen Thaten und ſeinem Ende. Was weiß ih! Jhn intereſſixte das Geplauder und er konnte gar kein Ende damit finden. Siehſt Du, Toni,“ wandte ex ſi<h abermals gegen ſie, als müſſe nun die er= hoffte Leichtgläubigkeit bei ihr vorhanden fein; „daher ſpukte ihm all das Zeug vom Condéer, von Räubern und