Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 1.

178 Ï Der Condéer.

Zoni, [<wac<h und wortkarg wie immer, ſaß in dem großen Polſterſtuhl, den ihr der Vater überlaſſen hatte, und hörte dem Geplauder der Anderen zu. Jhr Töchterchen, nunmehr ſchon im ſechsten Jahre, ein reizender blonder Lockenkopf mit friſ<hwangigem Geſicht, übte auf einer Schiefertafel die erſten Schriftzüge, die ihm die Mutter vorgezeichnet.

Da ſah dieſe über den ſ<hneebede>ten Hof weg den Poſt= boten auf das Haus zu ſchreiten. Dergleichen war alle= mal ein Ereigniß, und die ganze Familie gerieth deshalb au in Aufregung, als der Bote im Zimmer ſeinen großen Brief abgab. Er wax an Frau Toni adreſſirt, nux an „Frau Toni, Tochter des Herrn Aris auf Arisheim bei Singen, im großherzogli<h Baden'ſchen ,“ und kam aus Raſtatt. Man exkannte ſogleih, daß die Adreſſe von Arnold's Hand geſchrieben war.

Schon mehrmals hatte der junge Mann, der in ein badenſiſches Regiment getreten war und in dex Feſtung Raſtatt in Garniſon ſtand, na< Hauſe geſchrieben und ſein Brief hätte au< kein Verwundern weiter in der Familie erregt, wenn niht erſt kurze Zeit vorher von ihm einer eingetroffen und der diesmalige niht an Toni gerichtet geweſen wäre. Selbſtverſtändli<h waren ſeine Briefe ſonſt immer nux dem Oheim geſchrieben worden, Was alfo konnte die Veranlaſſung ſein, daß er jezt an die junge Frau ein beſonderes und ſo ungewöhnlih um= fängliches Schreiben ſchi>te? Der Schluß lag nahe, daß ihn eine außerordentliche Veranlaſſung dazu beſtimmt haben müſſe, und dieſe Auffaſſung rief eine große Er-