Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 2.

Roman von Georg Hartwig. 71

Empfindungen rüttelte an ſeiner zur Schau getragenen Gelaſſenheit. „Alſo ſie — kam mix zuvor?“ fragte ex endlich ſto>end.

„Lieber Neffe,“ miſchte ſih Tante Käthe beſchwich= tigend ein, „ſo wie die Sachen liegen, iſt eine Trennung auch in Jrma’s Jntereſſe geboten !“

Ex lachte bitter. „Glaubſt Du, daß ih daxrau zweifle? Aber daß ſie, ſie die Jnitiative zu ergreifen wagt, ſie, die mi ſo ſchwer gekränkt, die mein Herz —“ fein Wider= wille gegen Gefühlsausbrüche ließ ihn ſtoŒen — „die mi an den Nand des Grabes ſtieß — und Du willſt ſie in Schuß nehmen?“ wandte ex ſih heftig an Tante Käthe. „Gerade Du? Weißt Du, gegen wen ſie, mi<h au2genom= men, den tiefſten Haß empfand? — gegen Dich!“ -

„Haß?“ fragte Tante Käthe achſelzu>end. „Kindiſche Abneigung iſt kein Haß!“

Er flopfte mit der Fußſpiße nervös erregt auf den Boden. „Du zweifelſt? So höre!“ Und ohne Bemäntee lung, ohne Umſchweife entwi>elte Meiſchi>k den lauſchenden Zuhörern folgerichtig das Bild ſeiner unglü>lihen Ehe, bis alle geiſtigen Verwi>elungen dieſes intereſſanten pſy<ho= logiſchen Prozeſſes Élar tie geſponnene Fäden übex den treibenden Grundmotiven zu Tage lagen.

Als der Amktsrichter geendet, erhob Tante Käthe miß= billigend das Haupt.

„DV würde meine unbedeutende Perſon niemals mit Deinem bitteren Herzeleid vermengen, wenn Du mich nicht als Schre>geſpenſt dargeſtellt und ſomit einen Theil der Allgenmeinſhuld auh auf meine Schultern geladen hätteſt.