Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 3.

Roman von Georg Hartwig. il

erzählten Ereigniſſen in einer neu eingeri<hteten Wohnung geführt, welche der an das Oberlandesgericht verſeßte bis= herige Amtsrichter Meiſchik in der faſhionabelſten Gegend der Reſidenz für ſeine Familie gemiethet hatte. Obgleich no< ein unentwirrtes Chaos den Fußboden ſämmtlicher Gemächer bede>te, lugten doh ſchon hie und da Lichtblicke der Symmetrie und Proportion aus dex Allgemeinverwirrung hervor,- beſonders erfreute ſich das Zimmer des Hausherrn, welchem die Aufmerkſamkeit ſeiner Gattin ausſ{<ließli<h zuge= wandt wax, einer von Minute zu Minute wachſenden Behag=lichkeit. Eben jeßt wieder machte ſie eine Beweguna, den aus ſeiner Strohumhüllung befreiten Papierkorb an den rihtigen Play zu ſtellen, als Tante Käthe gebieteriſ{ die Hände der jungen Frau gefangen nahm und dieſe mit ſi zu dem nächſtſtehenden Sopha zog.

„Gretchen! Wie oft hat Hans Dix verboten, Unvor= ſichtigkeiten zu begehen! J< ſelbſt bitte Dich alle Tage darum, aber vergebens! Mir ſcheint faſt, Du büßeſt mit Deinem bevorſtehenden Glück den Reſpekt vor der alten Tante ein!“

„D, nein!“ rief Margarethc zärtlich, während die Stiftsdame die Geſtalt der jungen Frau innig an ſih drüdte. „Für mich würde ih gewiß keinen Finger rüh= ren, aber es wäre das erſte Mal, daß Hans —“

„Ah was! Hans, Hans und ewig Hans!“ rief Zante Käthe halb unwillig, halb gerührt. „Glaubſt Du denn, Närrchen, er bedürfte jeht größerer Schonung als Du? Was liegt an einem falſ< geſtellten Möbel, wenn

Bibliothek. Jahrg. 1886. Bd. TIT, 6