Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 4.
Von Georg Jachmann. 207
feit und ſeiner ehrlichen Geſinnung herzlich lieb gewounen hatte. Aber dex gute Valentin ſollte ſi< in ſeiner ſ<hönen Hoffnung bald betrogen ſehen, denn eines Abends, als ev von ſeinen Stunden heimkehrte, fand er eine lange Epiſtel von ſeinem Freunde vox, worin derſelbe ihm mittheilte, daß ſeine Schulden fo ho< angewachſen ſeien, daß ſein Vater, ein wohlhabender Bauer, ſie niht mehr bezahlen wolle; im Schuldgefängniſſe aber zu ſißen ſei ihm denn doch gar zu langweilig. Dazu könne ex ſich au< niht entſchließen, zuzuſchauen , wie ein lederner Philiſter das Mädchen, das ex liebe, heimführte, und ſo hade er ſi<h denn entſchloſſen, dem luſtigen Leipzig und ſeinem Freunde für immer Valet zu ſagen. Er wolle fi<h die Welt beſehen und rufe ſeinem einzigen, wahren Freunde ein herzliches Lebewohl zu.
Valentin war tief erſchüttert von dem Fortgange ſeines Freundes und konnte beim Leſen des Briefes die Thränen niht zurüchalten; in den nächſten Tagen und Wochen fehlte ihm ſein fideler Freund an allen Orten, bis ihn die angeſtrengten Arbeiten für fein Magiſter=-Examcn von ſeiner Trauer um den Verlorenen abzogen. Valentin Friedland legte ſein Examen mit glänzend: m Erfolge ab und kam als Magiſter Troßendorfius — ex latiniſirte wie viele feiner Standesgenoſſen ſeinen Namen na< ſeinem Gebur!l8orte — an das Gymnaſium zu Görliß. Der Nuf ſeines außerordentlichen Lehrtalents verſchaffte ihm bald Beförderung, und ſchon im Jahre 1524 finden wix unſeren Freund als RNeltox an dem neu errichteten Gymnaſium zu Goldberg.