Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 4.

30 Der Tali8man des Weibes.

als ſei ih in den leßten vierundzwanzig Stunden um Jahre gereift. Phantome, welche mi< niht beglü>ten, zexflattern hier zu Deinen Füßen. Es gibt Empfindungen, welche wix niht zu verwirklichen ixachten dürfen, gleichz ivie die ideale Färbung des Abendhimmels in Dunſt und Nebel ſich auflöst, ohne greifbar geworden zu ſein. Aus dieſen Regungen, welche uns fo oft über unſere phyſiſchen und moraliſchen Kräfte täuſchen, weil ſie uns für Mo-= mente über unſer eigenes Jh erheben, laſſen ſi< keine Folgerungen ziehen für das Leben, oder wo es geſchieht, wirken ſie verderblich.“

„Höre auf, Dich mit Selbſtvorwütrfen zu peinigen,“ bat ſie, ſeinen Hals umſ<hlingend. „Nicht Alles, was uns übex uns ſelbſt erhebt, iſt verderblich, iſt Phantom. Jene Abendſtunden, da wix uns für alle Zeiten fanden, hinterließen eine Fülle e<hten Glüdes, faßbarer Wonnen, wie i<h Dich jeht umfaßt halte.“

„Und wenn ich Dich wiederſehe, Gaëtannina, wirſt Du nicht anders ſprechen? Glänzende Lockungen harren Deiner, ih fühle es. Diesmal kann ih die Unruhe in mix niht im Wandertriebe exſti>ten; ſtrenge Pflichterfül= lung, Mühewaltung und Verantwortlichkeit füllen die nächſten Jahre meines Daſeins aus. Bis jeßt lernte ich nux die Annehmlichkeiten meinex Geburt kennen, jebt will ih dieſe ſelbſt zu verdienen ſuchen. Wirſt Du bereit ſein, Gaëtannina, mich darin zu unterſtüßen, wenn der Tag gekommen iſt, wo i<h no< einmal um Dich werben darf ?“

Sie ni>te leiſe. Jhr Antliß lag wieder lauſchend auf ſeiner Schulter, wie an dem mondbeſtrahlten Ufer des