Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 6.

194 Ein Beſuch beim König von Birma.

hier und da ſtand der flüſſige Schlamm noh in breiten Flächen, und an ſolchen Stellen waren die Milizen auf Bambusſchemel und niedere Bänke geſtiegen.

Sn dem Augenbli>, als die Spie des Zuges gegen das öſtliche Thor des Palaſtes einſhwenken wollte, erſchien aus einex nahe gelegenen Straße eine zweite Kavalfade ; es war der „Ein-ſchezmen“ *) oder Thronerbe mit ſeinem Gefolge von Kriegern und Hofleuten. Derſelbe beeilte ſich, der Prozeſſion des Geſandten den Weg abzuſchneiden und zuerſt die Pforte zu erreichen, eine Unart, welche den fremdländiſchen Geſandten gegenüber von jeher in Scene geſeßt wurde. Der Prinz ſaß in einem großen, vergoldeten Palankin, hinter welchem acht rieſige, ebenfalls vergoldete Schirme als Zeichen ſeines Ranges hergetragen wurden. Nach= dem ex vor dem ſih aufſtauenden Zuge des Geſandten in das Thor eingezogen war, vollführten ſeine Begleiter no< eine Zeit lang die auf den Bühnen gebräuchliche Täuſchung, indem ſie ihre Zahl dadur< zu multipliziren ſuchten, daß ein Theil der Schaar den Burghof durch eine Seitenpforte immer wieder verließ und ſich, im Ringe laufend, dem Ende ſtets von Neuem anſchloß. Die engliſchen Herren dur<ſchauten das Manöver und knirſchten vor Wuth, die birmaniſhen Großen aber, im Jnneren über dieſe vorher verabredete Zurückſezung der verhaßten Barbaren hödhſt vergnügt, warteten geduldig das Ende der Poſſe ab.

Als der Geſandte und ſeine Begleiter endlih aus den Palankins und von den Reitthieren ſteigen konnten, ver-

*) Ein-ſche-men bedeutet: Herr des öſtlichen Palaſtes,