Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 7.

78 Der lebte Folfunger.

halten ſollte, ob niht denno<h ein Trug ſie täuſchte, ob ihr Sohn wirklich am Leben, wo ſie den Elenden ſehen ſollte, der ihrem Herzen das unſäglichſte Elend bereitet. Wie die Verhältniſſe lagen, mußte ſie es faſt wünſchen, daß der Räuber ihres Kindes ihre Zweifel niht völlig hob — es wäre ihrem Herzen ſ{hwerer geweſen, dem Sohne, den ſie als ſolchen anerkennen mußte, ſeine Rechte zu ver= ſagen, als in Ungewißheit zu bleiben — jezt, wo die Ent= ſcheidung nahte, zitterte ſie, von den Qualen des Zweifels befreit zu werden, da erſchienen ihr dieſe Martern leichter

als der Gedanke, ihr Fleiſ<h und Blut verleugnen zU ſollen!

Die Stunden {lichen ihr wie Ewigkeiten dahin, der Pater Ambroſius betete mit ihr, ſie lag auf den Knicen vor dem Bilde des Gekreuzigten, als unten im Hofe dèr Wagen mit den Gefangenen über das Pflaſter raſfelte, und Knut Loriſſen glaubte, ſie erſehne die Stunde dev Rache.

Die Gefangenen, welche man heranſchleppte, waren Niels Torſten und Freia. Der Erſtere war gefeſſelt, die Tochter hatte man mitgenommen, weil ſie gefleht hatte, den Vater begleiten zu dürfen.

Die Verhaftung des alten Torſten hatte keine Um-= ſtände gemacht, obwohl ſie in der Lübe>er Faktorei, alſo auf neutralem Grund und Boden geſchehen war, die eigenen Nachbarn hatten ihn den Reitern der Königin au3geliefert als einen Verbrecher, dem ſie ſeine Strafe gönnten, [o verhaßt hatte er ſi<h gemacht.

Der Leſer wird es längſt errathen haben, was ge=