Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1, page 166
108 Erſte Drdnung: Affen; erſte Familie: S<hmalnaſen (Menſchenaffen).
Feinde mit aufgeblaſenem Kehlſa>ke und ausgebreiteten Armen drohend entgegen. Die Mutterliebe zeigt ſih aber nict bloß in Gefahren, ſondern auch ſonſt bei jeder Gelegenheit. Es wax ein überraſhendes Schauſpiel, wenn es man<hmal bei äußerſter Vorſicht gelang, zu ſehen, wie die Mütter ihre Kleinen an den Fluß trugen, ſie ungeachtet ihres Geſchreies abwuſchen, darauf wieder abwiſchten und tro>neten und überhaupt eine Mühe auf ihre Reinigung verwendeten, welhe man manchen Menſchenkindern wünſchen möchte.“ Die Malayen erzählten Diard, und dieſer fand es ſpäterhin beſtätigt, daß die no< niht bewegungsfähigen Fungen immer von demjenigen Teile ihrer Eltern getragen und geleitet werden, welcher ihrem Geſchlehte entſpricht, und zwar die männlichen Kleinen vom Vater, die weiblihen von dex Mutter. Ebenſo berichten ſie, daß die Siamangs öfter den Tigern zur Beute würden und- zwar durch dieſelbe Veranlaſſung, wie kleine Vögel oder Eichhörnchen Beute der Shlangen, nämlih dur< Bezauberung, was, wenn die Geſchichte überhaupt wahr iſt, nihts anderes ſagen will, als daß die Todesangſt gedachte Affen vollſtändig ſinnlos gemacht hat.
Über die Hulo>s liegen ebenfalls ziemlih ausführliche Berichte vor. Dieſe Affen halten ſi, laut Harlan, vorzüglich auf niedrigen Bergen auf, da ſie Kälte nicht ertragen können. Ihre Nahrung beſteht aus Früchten, doh verzehren ſie au< gewiſſe Gräſer, zarte Baumzweige und andere Pflanzenteile, kauen dieſelben aus und verſhlu>en den Saft, während ſie die ausgekaute Maſſe wegwerfen. Blanford teilt jedoh mit, daß ſie, wie eigentlich von allen Affen zu erwarten, au<h Jnſekten, beſonders Spinnen, ſehr gern freſſen, ebenſo Eier und ſicherlih au< junge Vögel, wenn niht überhaupt alle Vögel, die ſie erwiſchen fönnen. Wird doh vom Waumwauü ſogar berichtet, daß er Vögel im Fluge zu fangen vermöge. Nah Owen, welcher faſt zwei Fahre lang im Wohngebiete der Hulo>s lebte, vereinigen ſi dieſe in ihren Wäldern zu Geſellſhaften von 50 bis über 100 Stü>; alte Männchen ſondern ſi, laut Blanford, auh von den Banden ab und führen, wie dies bei ſo vielen Säugetieren vorkommt, ein einſames Daſein. Gewöhnlich bemerkt man ſie in den Wipfeln der Lieblingsbäume, auf deren Früchte ſie beſonders erpicht ſind; man<mal aber fommen ſie auf Fußpfaden aus dem dihten Walde heraus in die offenen Lichtungen. Eines Tages begegnete Owen plöblih einer Geſellſchaft von ihnen, welche ſi< fröhlih beluſtigten, bei ſeiner Annäherung aber ſogleih Lärm ſ{<lugen und in das Dicicht der Bambus entflohen; ein andermal hingegen ſah er ſi, während er auf einer neu angelegten Straße einſam einherſchritt, unvermutet von einer großen Geſellſchaft unſerer Affen umgeben, welche zwar überraſcht, no< mehr jedo< erzürnt ſchienen über das Eindringen eines fremdartig gekleideten Weſens in den Bereih ihrer Herrſchaft. Sonſt pflegen ſie bei Annäherung des Menſchen ſo eilig wie mögli zu flichen, weshalb ſie au< nur äußerſt ſelten einmal geſehen werden. Sie ſind, wie mir Haßkarl mitteilt, ebenſo vorſihtig als neugierig und erſcheinen daher nicht ſelten am Rande eines freien, zum Feldbau entholzten Plages, namentlit da, wo ſie no< niht dur< Jäger ſcheu gemacht worden ſind, verſhwinden aber im Augenbli>e, ſobald ſie bemerken, daß man ſie beobachtet oder ſi< ihnen nähert, und werden dann ſo leis niht méhr geſehen.
Um ſo öfter hört man ſie. Bei Sonnenauf - und -Untergañg TS ſie ihre laut: ſchallenden Stimmen zu einem ſo fur<tbaren Geſchreie zu vereinigen, daß man taub werden möchte, wenn man nahe, und daß man wahrhaft erſhri>t, wenn man die ſonderbare Muſik nicht gewohnt iſt. Sie ſind die Brüllaffen der Alten Welt, die Weer der malayiſhen Bergbewohner und zugleih der Ärger der Städter, denen ſie den Aufenthalt in ihren Landhäuſern verbittern. Man ſoll ihr Geſchrei auf eine engliſche Meile weit hören können. Von gefangenen Langarmaffen hat man es auch oft vernommen und zwar von denen, welche Kehlſä>e beſißen, ebenſo gut wie von denen, welchen dieſe Stimmverſtärkungstrommeln fehlen. Ein guter Beobachter, Bennett, beſaß einen lebenden Siamang und bemerïte, daß