Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1, page 171
Schlankaffen: Verbreitung. Freileben. IFS:
Völkerſchaften die größte Verachtung erworben, während ſie bei anderen teilweiſe wenigſtens im Geruche der Heiligkeit ſtehen. y
Von den Gattungen der Hundsaffen wollen wir zunächſt die Schlankaffen kennen lernen.
Die Schlankaffen (Semnopithecus) ſind, wie ihr Name andeutet, ſchlanke und leichtgebaute Affen mit langen, feinen Gliedmaßen und ſehr langem Shwanze, kleinem hohen Kopfe, na>tem Geſichte und verkürzter Schnauze, mit kleinen Bakentaſchen. Jhre Geſäßſhwielen ſind ſehr klein. Sie beſißen am hinterſten unteren Va>kenzahne fünf Höcker; ihr Knochenbau erinnert wegen ſeiner ſ{<lanken Formen an das Gerippe der Gibbons. Die Hände haben lange Finger; aber der Daumen der Vorderhände iſt bereits verkürzt oder verkümmert und zum Greifen unbrauchbar geworden. Die Behaarung iſt wundervoll fein, ihre Färbung ſtets anſprechend, bei einer Art höchſt eigentümlich; die Haare verlängern ſih am Kopfe oft bedeutend. Höchſt merkwürdig iſt der Bau des Magens, weiler wegen ſeiner Einſhnürungen und der hierdur<h entſtandenen Abteilungen entfernt an den Magen der Wiederkäuer und näher an den der Känguruhs erinnert. Nah Owens und anderer Unterſuchungen wird er durh zwei Einſhnürungen in drei Teile geteilt, deren mittlerer wiederum Unterabteilungen in doppelter Reihe zeigt. Der Magen erhält hierdurch die größte Ähnlichkeit mit einem Grimmdarme, zumal er wie ein ſolcher mit deutlich hervortretenden Muskelbändern verſehen iſt. Ein Kehlſa> von verſchiedener Größe iſt bei ſämtlihen Arten vorhanden.
Das Feſtland Südaſiens, Ceylon und die Eilande des indiſhen Jnſelmeeres bilden die Heimat der Schlankaffen. Hier leben ſie in mehr oder minder zahlreichen Trupps in den Waldungen, am liebſten in der Nähe von Flußufern, niht minder gern aber auch in der Nachbarſchaft der Dörfer und Pflanzungen und führen, weil ſie faſt überall geſchont werden, ein ungemein behagliches Leben. Um mit kurzen Worten ein allgemeines Bild ihres Freilebens zu geben, will ih der Einzelſchilderung hervorragender Arten einige Bemerkungen vorausſchi>en und mi dabei auf die Mitteilungen von Tennent und Wallace ſtüßen.
Wenn man den Schlankaffen in ihren heimiſchen Waldungen begegnet, ſieht man ſie in der Regel in Geſellſchaft von zwanzig oder dreißig ihrer Art, in den meiſten Fällen eifrig beſchäftigt, ſi< Ähren und Knoſpen zu ſuchen. Äußerſt ſelten bemerkt man ſie auf dem Boden, es ſei denn, daß ſie herabgefallene Früchte ihrer Lieblingsbäume dort unten aufſuchen wollten. Vor den Eingeborenen fürchten ſie ſih niht im geringſten, legen vielmehr die größte Sorgloſigkeit an den Tag ; der fremdartig gekleidete Europäer dagegen wird mehrere Minuten lang angeſtarrt und hierauf ſobald wie möglich verlaſſen. Jn ähnlicher Weiſe erregt die Gegenwart eines Hundes ihre Neugier; anſtatt aber deſſen Bewegungen zu beobachten, pflegen ſie ſtets dur Geſchrei 2c. ſih hervorzuthun und zu verraten. Jn Furcht geſeßt, verbergen ſie ſi<h oft im Gezweige der Bäume und wiſſen dies in einer Art und Weiſe zu bewerkſtelligen, daß ſih eine Geſellſchaft, welche ſi< vielleicht auf irgend einer Palme gütlih that, in der kürzeſten Zeit unſihtbar macht. Trauen ſie dem Frieden niht, ſo flüchten ſie und zwar mit einer Schnelligkeit, Gewandtheit und Sprungfertigkeit, welche innerhalb ihrer Familie kaum erreicht, geſchweige denn überboten wird. Sie ſpringen ungeheuer weit von den Äſten eines Baumes auf die etwas tieferen eines anderen, regelmäßig ſo, daß der Zweig, auf welchem ſie fußten, dur< ihr Aufſpringen tief hinahgebogen wird und ſie beim Zurü>ſchnellen wieder in die Höhe ſchleudert; ſie ſind aber auth im ſtande, im Sprunge noch die Richtung zu ändern, um nötigen Falls einen anderen paſſenderen Zweig zu ergreifen und ſi< weiter fortzuhelfen. Es iſt, wie Wallace bemerkt, ſehr unterhaltend, zu ſehen, wie dem Führer, welcher einen kühnen Sprung wagte, die anderen mit größerer oder geringerer Haſt folgen; und nict ſelten kommt es dann vor,
Brehm, Tierleben. 3. Auflage T. 8