Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/2

Deutſche Dogge. Bullenbeißer. IBM

„Er ſtand jeßt in ſeinem ſiebenten Lebensjahre. Was bewährte Kenner der Hunderaſſen mir längſt vorhergeſagt hatten, traf ein: ſein urſprüngliches, bösartiges Naturell, das Erbteil ſeiner gefürchteten Eltern, ſcheinbar durch den ſtetigen, jahrelangen Verkehr mit Menſchen extötet, kam wieder zum Durhbruch, ſobald er gereizt wurde .…. Da veröffentlihten die Zeitungen in kurzer Zeit hintereinander zwei Fälle, in welchen deutſhe Doggen ſi wie wilde Beſtien gegen ihre eigene Herrſchaft benommen hatten .…. Wie ein drohendes Geſpenſt verfolgte von jezt ab mi<h Tag und Nacht der Gedanke, welche Schuld ih auf mi<h laden würde, wenn dur< Tom ein ähnlihes Unglü> herbeigeführt werden ſollte. Troßdem er mir ‘unentbehrlih geworden, konnte ih mich der Überzeugung nicht verſchließen, es ſei unbedingt notwendig, mih von ihm zu trennen. FJhn für {hnödes Geld fremden Händen zu überlaſſen und einer ungewiſſen Zukunft preiszugeben, würde mir wie ein Verrat an meinem beſten Freunde erſchienen ſein; ih beſ<hloß daher, ihn an eine befreundete Perſon, welche ſihere Garantie für eine liebevolle Behandlung bot, zu verſchenken .…. Er ging in die Hände eines entfernt wohnenden Herrn über, der häufig und immer auf längere Zeil in unſerem Hauſe verkehrte, ſih dann viel mit ihm beſchäftigte, und welchem der Hund faſt ebenſo zugethan war wie einem Familienmitgliede. Wir waren daher gewiß zu der Erwartung berechtigt, daß er ſi in ſeinen neuen Verhältniſſen bald heimiſch fühlen werde, hatten uns aber gründlih getäuſcht; das treue Tier vermochte die Trennung von uns nict zu überwinden. Troß der ſteten Fürſorge ſeines neuen Herrn blieb er völlig gleihgültig gegen denſelben; mußte er ihn begleiten, ſo ſ{<li< er traurig und niedergeſchlagen, ohne die geringſte Teilnahme gegen ſeine Umgebung, hinter ihm her; befand er ſi allein, ſo verriet er ſein Heimweh dur laute, klagende Töne; nihts machte ihm Vergnügen; er hatte alle Luſt am Leben verloren, magerte immer mehr ab und wurde ſ<hließli<h ganz ſtumpfſinnig. Wir ließen ihn deshalb zurü>kommen. Bei ſeiner Ankunft bereitete er uns ebenfalls eine unerwartete Täuſchung. Anſtatt, wie wir erwarteten, vom Hundekoupee aus im tollen Laufe nah unſerer Wohnung zu ſtürmen, ſchritt er wie ein armer Sünder, mit geſenktem Kopfe und Schwanze, hinter ſeinem Herrn her, würdigte keinen von uns eines Blickes, berührte feinen der dargebotenen Leerbiſſen, ſondern ſuchte ſofort ſeine alte Ruheſtätte auf. Seine frühere Munterkeit erlangte er niht wieder. Ein gut gezielter Shuß bereitete ſeinem Leben ein jähes, völlig ſ<merzloſes Ende.

„Welche {weren Kämpfe zwiſchen Vernunft und Herz vorausgegangen, che der Ent{luß in mix reifte, den Hund töten zu laſſen, vermag nur der zu ermeſſen, welcher ſelbſt einem lieben Geſchöpfe ſeine ganze Neigung zugewendet hat.“

Bei dem Bullenbeißer (Canis familiaris molossus hibernicus) iſt der Leib gedrungen, di>, gegen die Weichen nur wenig eingezogen, der Rücken niht gekrümmt, die Bruſt breit und tiefliegend der Hals ziemli< kurz und di>, der Kopf rundlich, hoch, die Stirn ſtark gewölbt, die Schnauze kurz, nah vorn verſhmälert und ſehr abgeſtumpft. Die Lippen hängen zu beiden Seiten über (klaffen vorn aber niht) und triefen beſtändig von Geifer; die ziemli< langen und mittelbreiten Ohren ſind gerundet, halb aufrecht ſtehend, gegen die Spitze umgebogen und hängend. Die kräftigen Beine haben mittlere Höhe. Der Schwanz iſt am Grunde di>, gegen das Ende zu verſhmälert, ziemlih lang und reiht bis an das Ferſengelenk, wird ſelten gerade oder nah rüc>wärts geſtre>t, ſondern meiſtens in die Höhe gerichtet und vorwärts gebeugt. Die Färbung iſt entweder fahl oder bräunlichgelb, bisweilen mit \{<wärzlihem Überfluge; die Schnauze, die Lippen und die äußeren Enden der Ohren ſind ſ{<hwarz; doh gibt es wie bei allen Hunden vielfahe Abänderungen.

Als mutmaßliche Heimat des Bullenbeißers kann Frland betrachtet werden; wenigſtens finden ſi< dort die ausgezeihnetſten Raſſen, welhe man überhaupt kennt. Entſprechend

RA