Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/2

Bullenbeißer: Stärke. Geiſtige Fähigkeiten. 133

auf Auero<ſen und anderes {hweres Wild wurde er vielfah verwendet. Anderen Hunden gegenüber beträgt er ſi ſehr anſtändig. Er ſucht nur ſelten Streit und läßt ih beſonders von kleineren Hunden viel gefallen. Auch erträgt er Neereien lange Zeit; bei fortgeſebter Reizung aber greift er, ohne vorher zu warnen oder viel zu belien und ohne zu “irgend welcher Liſt ſeine Zufluht zu nehmen, von vorn an, begnügt ſi jedoh gewöhnlich, ſeinen Gegner zu Boden zu werfen und ihn feſtzuhalten, falls dieſer keinen ferneren Widerſtand verſuht. Gegen ſeinen Herrn iſt er treu und anhänglih; gegen Fremde bleibt er immer gefährlich, er mag frei ſein oder an der Kette liegen, und wenn er auf Leute geheßt wird, iſt ex wahrhaft furchtbar.

Ihm ſehr nahe ſtehen die eigentlihen Doggen (Canis familiaris molossus typicus), ſehr große und ſtarke Tiere mit kurzer, dier, vorn gerade abgeſtumpſter Schnauze, deren Obexrlippen, obgleich ſie an den Seiten herabhängen, vorn den Mund nicht ſchließen und ſo beſtändig das Gebiß ſehen laſſen. Die Naſe iſ nicht ſelten geſpalten, der Pelz kurzhaarig und gewöhnlih von Farbe einfa rot, oft aber auh bunt. Fn früheren Zeiten, in denen das Land unſicherer war als gegenwärtig, hielt man die Doggen noch in ziemlicher Menge, gegenwärtig findet man ſie nur bei Liebhabern. „Die Engliſchen Do>en“, ſagt von Flemming in ſeinem „Vollkommenen teutſhen Jäger‘, „welche große Herren anfängli<h aus England und Zrland mit vielen Unkoſten bringen laſſen, werden jeßiger Zeit in Teutſchland auferzogen. Und geben denen allergrößten und ſ{hönſten den Namen Cammer-Hunde, weil ſie ſolche meiſtens des Nachts in ihrem Schlaſſ-Gemagh bei ſich haben, damit, wann Mörder einfallen ſollten, dieſe ſolche Böſewichte niederreißen, ihren Herrn aber erretten möchten. Nächſt dieſen werden andere Engliſhe Do>en Leib-Hunde genennet, welche an Hirſche, S<hweine und Wölfe geheßt werden; ſonderlich müſſen dieſelben angewieſen werden, daß ſie ein wildes Thier ja niht vor den Kopf anfallen, ſondern zur Seite an die Dhren faſſen und zu beiden Seiten ſi anlegen. Denn ſonſt ein Vär ſie zerreißen, ein Hirſch ſein Gehörn vorwerfen und dieſelben ſpießen, das wilde Shwein hauen, der Wolf aber ſtetig umb ſi ſ<hnappen und herrumb beißen würde. Jm Stall liegen ſie ein jeder beſonders vor ſi<h an Ketten, und hat jeder ſeinen Fraß abſonderlih vor ſich ſtehen. Die Vären- oder Bollbeißer ſind von dieſer vorgemeldeten Art eine beſondere Gattung, welche zwar dide und ſ<wer, zum fangen aber ungemein higzig erbittert ſind. Sie ſehen böſe und tüdiſh auf, und werden insgemein zur podoliſhen und ungariſchen Büffel-Dchſen-Haß, wie auch zuweilen die Bäre damit zu heten, gebraucht. Sie werden anfänglih an mäßige Sauen geheßt, endlih an kleine Bären. Man muß dieſelben, wenn ſie ſi feſt einbeißen und verfangen, geſhwind mit einer ſtarken rauhen Gänſefeder in die Kehle kügeln, alsdann laſſen ſie ſelbſt loß. Der Bär ſ{<meiſſet mit Ohrfeigen umb ſich, bis die Herrſchaft überdrüſſig wird, [0dann werden die Hunde an ſi angeruffen, und der Bär entweder in einen Kaſten gethan, oder von der Herrſchaft ihme mit dem Fang:Eyſen der Reſt gegeben, nachdem die Cammeroder Leibhunde vorgerücet und denſelben gefangen, darzu dann von anweſenden Jägern mit Wald- und Hüffthörnern geblaſen wird.“

Mit dieſen Worten ſind die Doggen faſt hinlänglich beſchrieben. Bei uns ſicht man gewöhnlih nur eine mittelgroße Raſſe, welche höchſtens die Größe eines mäßigen Hühnerhundes erreicht, oft aber erhebli kleiner iſt. Die Farbe dieſes Tieres iſt regelmäßig ein lihtes Zſabellgelb; es finden ſich aber auh, obwohl ſelten, Doggen, welche dunkler gefärbt ſind. Die ſtarken Knochen, die breite Bruſt und vor allem der ausgezeichnete Bau des Kopfes laſſen die Doggen nie verkennen. Der Kopf iſt hinten breit und did, die Shnauze furz, die Naſe eingedrüt und deshalb häßlich oder aber geſpalten, ſo daß jedes Naſenloch faſt für ſich beſonders zu liegen ſcheint; die Schneidezähne ſtehen oft unregelmäßig, z. BV. einige