Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/2

178 Vierte Ordnung: Raubtiere; fünfte Familie: Hunde.

eines Waldes und vermutete daß dasſelbe einem Raubvogel gelte. Schon in die Nähe gekommen, vernahm ex einen furhtbaren Lärm, welcher ſih auf ihn zu bewegte, und bald ſprang ein Fus mit einer Krähe im Maule vorüber, gefolgt von einem großen Shwarme \chreiender Genoſſen des Dpfers. Es iſt daher ſehr wahrſcheinlih, daß das plößliche Aufſchreien aller Krähen den Augenbli> bezeichnete, an welchem der Fuchs eine davon ergriff “

Bei ſeinen Jagdzügen gilt ihm die eigene Sicherheit als erſtes Geſeß. Alles ihm nicht Bekannte erregt ſcinen Verdacht, und wenn er erſt mißtrauiſch geworden iſt, kann ihn nur quälender Hunger zu unvorſichtigem Thun verleiten. Dann aber zeigt er auch eine wirkli unverſchämte Frechheit. Er erſcheint bei hellem Tage in dem Hofe, holt ſi< angeſichts der Bewohner ein Huhn, eine Gans und macht ſih mit ſeiner Beute davon. Nur im äußerſten Notfalle läßt er ſo ſ<hwer Errungenes im Stiche, und häufig kehrt er dann zurü>, um zu ſehen, ob er es niht no< wegbringen könne. Dieſelbe Dreiſtigkeit zeigt er zuweilen unter Umſtänden, welche ſhleunigſte Flucht zur Notwendigkeit machen. So pate ein Fuchs, welher in einem Treiben von Hunden gejagt wurde und {hon zweimal Schrote hatte pfeifen hören, in vollſter Flucht einen kranken Haſen und trug ihn eine Stre>e weit fort. Ein anderer hob ſih bei einem Keſſeltreiben aus dem von den Fägern umſtellten Felde, raubte einen verwundeten Haſen, erwürgte ihn vor den Augen der Jagdgeſellſhaft, verſharrte ihn raſh no< im Schnee und entfloh dann mitten durch die Linie der Treiber und Schüben. Ein dritter erſchien, wie Krü>eberg mitteilt, während eines Treibens vox der Dieung an einer Stelle, auf welcher ein ſtark angeſchoſſener, bald darauf verendeter Fuchs ſtark ge{weißt hatte, nahm, der blutigen Spur folgend, ſofort die Fährte desſelben auf, würgte ſeinen Kameraden troß des Lärmens der Treiber und des lauten Jagens eines Dächſels in der Dikung und wiederholte ſeine Angriffe ſo oft, daß einer der Shügen herbeiſchleihen und ihn mit wohlgezieltem Schuſſe auf dem Leichname niederſtre>en tonnte. „Auf dem Anſtande“ erzählt E. von Homeyer, „hörte ih einmal einen kurz vorher geſehenen Hafen flagen, eilte leiſen Schrittes hinzu und bemerkte einen Fuchs, welcher den armen Schelm würgte. Seine Mordluſt war ſo groß, daß ih ihn erlegen konnte, bevor er mih wahrgenommen hatte.“ Fn allen dieſen Fällen machte, ſo darf man glauben, die einmal erwachte, niht mehr zu bändigende Raubluſt und vielleicht wütender Hunger die Füchſe taub und blind gegen alle Gefahren; klug und vorſichtig handelten ſie jedenfalls niht. Forſtrat Liebig erzählt, daß ein Fuchs in Mähren auf den Hof eines Bauern kam, um Hühner zu würgen, mit dem Stoke verjagt wurde, wiederkehrte, nohmals vertrieben wurde und zum dritten Male einrü>te, dabei aber ſein Leben laſſen mußte.

Solche Züge aus dem Leben des Tieres können dem Unbeteiligten nur Vergnügen gewähren, ſeltener freilih den Beteiligten, denn es iſ erwieſen, daß unſer Raubritter auG mehr umbringt, als er wirklih auffreſſen kann, und, wenn er es vermag, ein entſeglihes Blutbad unter dem Geflügel anrichtet; dafür iſt er eben ein Raubtier, welches von mein und dein nah menſchlichen Begriffen keine Vorſtellung hat und den „Kampf ums Daſein“ ebenſogut beſtehen muß wie der Menſch oder jedes andere Geſhöpf. Ob es gedachter Kampf erfordert, auh Füchſe zu freſſen, will ih freilih niht behaupten; jedenfalls kommt es vor, daß er einem ſ{hwer Verwundeten ſeiner eigenen Art den Garaus macht, und die Entſchuldigung, welche ſih auf den quälenden Hunger ſtüßt, iſt keine8wegs immer zutreffend. Ein Bekannter Win>ells traf einen Fuchs darüber an, einen anderen, welcher ſih über Nacht im Schwanenhalſe gefangen hatte, zu verzehren, und zwar that er das mit ſo vieler Lüſternheit, daß der Jäger im Freien herangehen und ſih dur< Erlegung des Räubers für den zerriſſenen Balg des Gefangenen bezahlt machen konnte. Förſter Müller ſah mit an, wie ſehs junge Füchſe miteinander ſpielten, dann zankten und dabei den einen blutig biſſen. Der Verwundete ſuchte zu entkommen, wurde aber augenbli>li<h von der ganzen Schar