Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/2

194 Vierte Ordnung: Raubtiere; fünfte Familie: Hunde.

hier weg, was ſi forttragen läßt, ſelbſt ganz unnüße Dinge. Wenn ex viel Nahrung hat, vergräbt er einen Teil und ſucht ihn zu gelegener Zeit wieder auf; ſo verfährt er au<, wenn er fürhtet, von dem Menſchen geſtört zu werden. Dieſe Vorratskammern ſcharrt er, nahdem ſie gefüllt ſind, wieder zu und ebnet ſie mittels der Schnauze ſo glatt, daß ſie kaum auffallen.

Auf Spitzbergen lebt ex, laut Newton, in großer Anzahl. „Wir ſahen ihn“, ſagt genannter Beobachter, „niht allein wiederholt in der Nahbarſchaſt der Klippen, auf denen Alken brüten, ſondern vernahmen auh fortwährend ſein kläffendes Bellen. Er iſt in der That der gefährlichſte Feind aller Vögel der Eilande, und die Furt vor ihm ſcheint von weſentlichem Einfluß auf die Anlage der Brutpläte zu ſein. Was ſich ihm zur Beute bietet, wenn die Seevögel Spibbergen verlaſſen haben und nur das Schneehuhn zurü>bleibt, dünkt mich eine dex am ſchwierigſten zu beantwortenden Fragen zu ſein. Die größere Anzahl von Eisfüchſen ſoll im Lande verbleiben und im Winter ebenſo rege ſein wie im Sommer; es gibt auf Spigzbergen aber keine Beeren, welche ihm das Leben friſten könnten, und an offenes Waſſer kann er auh niht gelangen. So bleibt nur übrig, anzunehmen, daß er ſi<h Vorräte anlegt. Möglicherweiſe diente eine große Menge von Muſcheln, welche i< auf der Moräne eines Gletſchers im Sicherheitshafen fand, zu ſolhem Zwede.“

Über unſer Tier in Oſtgrönland berihten Copeland und Payer: „Der Polarſu<hs hat mit ſeltenen Ausnahmen wenig von jener Argliſt, welhe man unſerem Reineke nahrühmt; wenigſtens ſind uns außer einigen wenigen Fällen dieſer Art nur Züge völliger Harmloſigkeit erinnerlih. .…. Den jungen Enten, für welche der Fuchs eine große Shwäche beſißt, iſt ex ein arger Feind. Er lebt von allem, deſſen er habhaft werden kann, im Winter au< von Scaltieren und anderen Meeresprodukten, welche ihm durch die Flut am auf: gebrochenen Strandeiſe zugänglich werden. Während des Sommers ſcheinen. Lemminge ſeine Hauptnahrung zu ſein. Der europäiſche Fuchs verabſcheut die Nähe des Menſchen, der grönländiſche dagegen ſuht harmlos und ohne Mißtrauen ſeine Geſellſchaft, denn überall hofft ex von ihm zu gewinnen. Er iſt der erſte, welcher demſelben nah ſtattgehabtem Fagdglüde ſeine Bewunderung ausdrüd>t und ſic beeilt, von der Beute mitzugenießen, ſowie einen Renntierſchinken na<hts vom Schlitten zu zerren und fortzuſchleppen. Er begleitet ihn auf Jagd und Shlittenreiſen in ehrerbietiger Entfernung und benutt deſſen Schlaf zur Eröffnung, Muſterung und Plünderung der mitgeführten Vorratsſäcke. Ein eingeeiſtes Schiff betrachtet er mit Wohlgefallen, denn es gibt da immer Abfälle, welche ihm zu gute kommen, und Dinge, welche ſih leiht wegſchleppen laſſen. Ja, er gewöhnt ſi ſo ſehr an die Rolle des Shmaroßers, daß es oft ſchwer wird, ſih ſeiner Unverſchämtheit zu erwehren. Tritt man aus dem Zelte, um ſein ſeit Stunden gehörtes Nagen oder, wenn er in Geſellſhaft mehrerer iſt, ſein neidiſhes Knurren oder ſein Zerren an den Leinen zu beenden, fo ſchleicht er niht etwa demütig von dannen, ſondern ſieht ſeinen Wohlthäter fre< an, bellt, wenn man ſchießt, und entfernt ſi< nux unwillig und zögernd. Jn anderen Fällen kommen Füchſe neugierig herangetrabt, ohne ſich ſelbſt durh Schüſſe abſhre>en zu laſſen, und das Auf: finden einer Spe>rinde verlo>t ſie, einer S<hlittenſpur meilenweit zu folgen. Das Benehmen von Fuchs, Bär 2c. wird ſelbſtverſtändlich ſehr davon beeinflußt, ob ſie ſi unterm Winde befinden oder niht. Steht man ſtill und wittern ſie einen niht, ſo verfolgen ſie ihre Pläne und Abſichten ganz unverfroren.“

Man trifft den Polarfuchs häufig in Geſellſchaften; gleihwohl herrſcht keine große Eintracht unter dieſen: es finden vielmehr blutige Kämpfe ſtatt, welche für den Zuſchauer ſehr viel Ergößliches haben. Einer faßt dabei den anderen, wirft ihn zur Erde, tritt mit den Füßen auf ihm herum und hält ihn ſo lange feſt, bis er ihn hinreichend gebiſſen zu haben glaubt. Dabei ſchreien die Kämpen wie die Kaßen, während ſie, wenn ſie ungeduldig werden, mit heller Stimme heulen.