Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/2

Polarfuchs. Korſak. : 199

Jung eingefangene Eisfüchſe werden ziemlih zahm und können dahin gebracht werden, ihrem Herrn wie ein Hund nahzufolgen. Sie ſind aber bei uns meiſt reizbar, knurren, ſobald ſie angerührt werden, boshaft wie Hunde, und ihre grünen, glänzenden Augen bliven dann feurig und tü>iſh. Mit anderen ihrer Art vertragen ſie ſi niht gut in einem Käſige. Zwei Cisfüchſe, welche ih pflegte, fielen über den dritten her und biſſen ihn tot, wobei der Bruder des Ermordeten eifrig mit half. Die Mitglieder der zweiten deutſchen Nordpolarfahrt haben in Oſtgrönland Polarfüchſe mehrfach gefangen gehalten. Zwei im Maſchinenraume des Schiffes untergebrachte ſtarben an Lungenſchwindſucht, ein in der Kajüte lebender wurde wegen Widerſeßlichkeit getötet, ein anderer entſprang aus dem Käfige, der neben dem Schiffe auf dem Eiſe ſtand. „Dieſe Deſertion (dur Abſchmelzung und Umfallen eines Eisblo>es, auf welchem der Käfig geſtanden, herbeigeführt), welcher wir vom De> aus zuſahen, hatte etwas unbeſchreiblih Komiſches. Der Fus, zum behaarten Skelette verfommen, begann ſi< zu dehnen, den buſchigen Schweif gerade wie einen Beſen auszuſtre>en, wälzte ſeinen dürren Leib dann in einem Schmelzwaſſertümpel und hüpfte endlich zierlich wie ein Ballettmeiſter und voll Freiheitsluſt mit allen Füßen zugleich aufſpringend davon, ohne das Schiff auh nur eines einzigen Blies weiter zu würdigen.“

Von den übrigen Fuchsarten darf ih hier bloß noch diejenigen erwähnen, welche ſich durch beſondere Eigentümlichkeiten in der Lebensweiſe oder durch auffallende Färbung weſentlih unterſcheiden. Zu den kleineren Arten der Gattung gehört der Nachbar unſeres Reineke in Aſien, der Steppenfuchs, der Korſak, wie die Ruſſen ihn nennen, die Kirſa oder Kiraſſu der Mongolen (Vulpes corsac, Canis corsac, Abbildung S. 200). Jn der Größe ſteht der Steppenfuchs unſerem Reineke merkli<h nat, da er höchſtens 55—60 cm Leibes- und 35 cm Schwanzlänge hat; in Geſtalt und Weſen ähnelt er dem Verwandten ſehr, iſt jedo<h verhältnismäßig etwas höher geſtellt und kurzſhwänziger, hat auch einen mehr rundlichen Augenſtern. Die Färbung des dichten Pelzes ändert weniger ab als bei Wolf und Fuchs, wechſelt jedoh nah der Jahreszeit. Das friſhgewahſene Sommerhaar hat rötliche Färbung, das allmählih na<hwachſende, dieſes und das Wollhaar ſpäter überwuchernde ſogenannte Winterhaar einen breiten ſilberweißen Ring vor der dunkleren Spiße, wodurch eine bald mehr rötliche, bald mehr fahlweiße Geſamtfärbung entſteht. Kehle, Unterteile und Innenſeite der Beine ſind gelblichweiß, ein auf der Schnauzenſeite vor dem Auge ſtehender dreie>iger Fle>en dunkelgrau, eine Bruſtbinde rötlich, die Beine fahlrötlih; der Schwanz iſt an der Wurzel iſabell-, auf der Oberſeite fahlgelb und ſ<warz gemiſcht, unterſeits am Enddrittel und an der Spiße hwarz, das Ohr außen einfarbig fahlgraugelb, der Augenring erzgelb gefärbt.

Das Verbreitungsgebiet des Korſak erſtre>t ſi< von den Steppen um das Kaſpiſche Meer an bis in die Mongolei; jedoch findet ſi<h das Tier aus\chließlih in Gegenden mit Steppen- oder Wüſtengepräge, niemals in Waldungen und demgemäß ebenſowenig in Gebirgen. Jn die nördlichen Teile ſeines Verbreitungsgebietes wandert er alljährlih in namhafter Anzahl ein und mit beginnendem Frühjahre wieder zurü>. Einen feſten Wohnſiß hat ex überhaupt niht, da er ſih niht eigene Baue gräbt, vielmehr unſtet umherſ{<weift und ſi ſ<hle<tweg unter freiem Himmel zur Ruhe legt oder höchſtens zufällig gefundene Bobakbaue benußtt, vielleicht na<dem er ſie ein wenig erweitert hat. Fn folhen Murmeltierhöhlen ſollen häufig mehrere, mindeſtens zwei Korſaks zuſammen gefunden werden, was auf größere Geſelligkeit, als Reineke ſie liebt, hindeuten würde. Alpenhaſen und verſchiedene Wühlmäuſe bilden wahrſcheinlich ſeine Hauptnahrung; außerdem jagt er auf Vögel, Eidechſen und Fröſche, wahrſcheinlih auh auf größere Kerbtiere, zumal Heuſchre>en. Seine Fortpflanzungsgeſchihte ſcheint no< wenig erforſcht zu ſein.