Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/2

198 Vierte Ordnung: Raubtiere; fünfte Familie: Hunde.

der Brutzeit der Waſſervögel leben ſie zur Abwechſelung von Eiern und Neſtlingen. Unter ſo günſtigen Lebensbedingungen würden ſie ſih allzuſtark vermehren, wenn ſie niht vom Dezember bis April, wenn ihr Pelz am ſchönſten iſt, regelrecht gejagt würden. Sehr feſſelnd iſt es, die Gewandtheit und Sicherheit dieſer Füchſe zu beobachten, wie ſie ſchnell laufend oder behutſam ſcreitend an den faſt unerſteiglichen Felswänden, wo das Waſſergeflügel ſich eingeniſtet hat, verkehren. Jmmer bringt der Fuchs ein le>eres Ei in der Schnauze angetragen, ſucht ſih etwas zurü> vom Rande des Abgrundes einen ſicheren Plag und verzehrt daſelbſt das Ei in aller Behaglichkeit, indem er das di>e Ende behutſam öffnet und den Jnhalt ausſ{<lürft. Am merkwürdigſten aber berührte es mi, zu beobachten, welche Liſt der dur<triebene Schelm anwandte, um Vögel zu fangen. Er legt ſi< auf den Rüen, als wäre er tot, und gibt keinerlei Leben8zeichen von ſich, es wäre denn, daß er dann und wann einmal den buſchigen Shwanz leiſe bewegt. Da können es denn manche ſtumpfſinnige und neugierige Seevögel, unter ihnen Kormorane, niht unterlaſſen, einmal näher nachzuſehen, was denn da eigentlih los ſei. Sie fliegen herbei, umkreiſen den Schelm tiefer und tiefer, tommen ihm immer näher. Da hat der ſeine Gelegenheit abgepaßt: ein jäher Sprung und Schnapp, ein kurzes Geflatter, und er hat ſeine Beute ſicher, während die übrigen kreiſhend davonſliegen. :

„„Das Vorhandenſein der Füchſe auf den Pribylowinſeln iſt eine wirkliche Quelle der Glüfſeligkeit für die Bewohner. Die niedlihen Fungfüchſe eignen ih vortrefflich zu Lieblingen und Spielgefährten für die Kinder, während Fang und Jagd der Alten eine ebenſo unterhaltende wie nüßlihe Beſchäftigung für die Erwachſenen iſt. Ein großer Teil des Klatſches und der Überlieferungen auf den Jnſeln dreht ſi< um dieſe Angelegenheiten.“

Die Ranzzeit des Polarfuchſes fällt, ſeinen heimatlichen Verhältniſſen entſprechend, etwas ſpäter als die des Rotfuchſes, nämlich in die Monate April und Mai. Jhre Begattung verrihten die Eisfüchſe, wie die Katen, mit vielem Geſchrei. Sie rollen Tag und Nacht und beißen ſih wie die Hunde aus Eiferſucht grauſam. Mitte oder Ende Juni wölft das Weibchen in Höhlen und Felſenrißen 9—10, ja ſelbſt 12 Funge. Den Bau pflegen die Füchſinnen am liebſten oben auf den Bergen oder an deren Rand anzulegen. Sie lieben ihre Jungen außerordentlich, faſt zu ſehr; denn ſie verraten dieſelben, in der Abſicht, ſie vor Gefahren zu ſ{hüßen. Sobald ſie nämlih einen Menſchen auh nur von ferne erbli>en, beginnen ſie zu belfern und zu kläffen, wahrſcheinlih, um die Leute von ihrem Baue abzuhalten. Bemerken ſie, daß man ihren Bau entde>t hat, ſo tragen ſie die Jungen in der Schnauze nah einem anderen verborgenen Orte.

Man jagt und fängt die Polarfüchſe auf mancherlei Weiſe, ſchießt ſie, ſtellt ihnen Neße und Schlingen und legt ihnen au< Eiſen. Eine Fangweiſe iſt eigentümlich. Bei hohem Schnee graben ſih die Füchſe in dieſen eine Nöhre und benugßen ſie als Wohnung. Das iſt die Zeit, in welcher ihnen die Oſtjaken und Samojeden am meiſten nachſtellen; die Leute graben ſie mit einem breiten Spaten aus Renntierhorn heraus, faſſen ſie ohne weiteres beim Schwanze und ſchleudern ſie mit dem Kopfe gegen den Boden, um ſie hierdur< zu töten. Der Jäger erfährt ſehr bald, ob ſih ein Fuchs in einer ſolchen Röhre befindet oder niht. Er legt das Ohr an die Mündung und ſcharrt mit dem Spaten den Schnee weg; hierdur wird der ſchlafende Fuchs aufgewe>t und verrät dur<h Gähnen und Nieſen ſeine Gegenwart. Außer dem Menſchen haben die Polarfüchſe wohl auch in den Eisbären gefährliche Feinde, und auch die Seeadler ſcheinen ihnen nahzuſtellen: Steller beobachtete, daß ein Seeadler einen Eisfuchs mit den Klauen erfaßte, ihn emporhob und dann fallen ließ, um ihn auf dem Boden zu zerſhmettern. Von unſeren Tieren wird eigentli bloß das Fell benugt, deſſen Wert ſhon S. 192 angegeben iſt. Polarfahrer haben in der Not auch das Fleiſch gegeſſen, ſind aber darüber einig, daß es kein Le>kerbiſſen ſei.