Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/2

Fenek: Aufenthalt. Raubweiſe. 203

die ganze Seele des Fuchſes liegt in ſeinem Geſichte, und doh erſcheint dieſes ſo ſtarr und ruhig wie er ſelbſt, welcher aus Wüſtenſand geformt zu ſein ſcheint. Da, ein einziger Sprung, ein furzes Flattern: das Flughuhn hat geendet. Schnell ſtürmen die anderen empor, ſchallend latſchen die Flügelſhläge. Sie irren unſicher in der Nacht umher und fallen nah kurzer Zeit wieder ein, vielleiht kaum wiſſend, welher nächtlihe Beſucher ſie aufgeſheucht.

Der Fenek iſt der kleinſte aller Füchſe. Samt ſeiner Standarte, deren Länge etwa 20 cm beträgt, mißt er höchſtens 65 cm und wird am Widerriſte kaum 20 cm hoch. Der ganze Leibesbau iſt ungemein fein, der Kopf ſehr zugeſpißt, die großen Augen haben rundliche Augenſterne, welche von einer braunen Regenbogenhaut eingefaßt werden. Als das ausgezeihnetſte am ganzen Tiere erſcheinen aber unzweifelhaft die Lauſcher. Sie haben faſt Kopfeslänge und ſind etwas mehr als halb ſo breit. Das Tier gewinnt durch ſie ein wahr: haſt abenteuerliches Anſehen, ſie machen den Fenek gewiſſermaßen den Fledermäuſen ähnlich. Fhre Fnnenränder ſind weiß behaart und zwar derartig, daß von der Ohröffnung zwei Haarbüſchel aufſteigen, welche ſi<h ſozuſagen in einem Barte fortſeßen nach der oberen Spigze hin, dort aber kürzer und dünner werden. Die kleine Schnauze zieren lange, borſtenartige Schnurren, welche ebenfalls weſentli<h zu dem äußeren Gepräge des Tieres gehören. Der Balg iſt ſeidenweih und verſtärkt ſih zur Winterzeit durch ein ſehr dihtes Wollhaar, welches ſih während der Raue dur Anſtreihen des Körpers an Äſten 2c. flo>enartig löſt. Man ſollte eigentli< niht glauben, daß der Fenek in ſeiner warmen Heimat einen dichten Balg nötig hätte; allein der kleine Geſell ſcheint gegen die Kälte äußerſt empfindlich zu ſein und genügenden Schußes zu bedürfen. Die Färbung der ganzen Oberſeite ähnelt durchaus der des Sandes, die Unterſeite iſt weiß, und auh über dem Auge befindet ſih ein weißer Fle>en, vor demſelben aber ein dunklerer Streifen. Die ſehr lange, buſchige Standarte ſieht faſt o>erfarben aus, ein Fle>en an der Wurzel und die Blume ſind ſhwarz. Bei dem Weibchen iſt der Balg immer mehr ſtrohgelb, wie er auch bei zunehmendem Alter bei weitem lichter wird.

Das merkwürdige Tier wurde zuerſt von Skjöldebrand, ſhwediſhem Konſul in Algier, bekannt gemacht und ſpäter von Bruce beobachtet und abgebildet. Die Mauren nennen es Zerda, die Araber Fenek, und dieſen Namen führt unſer Fühschen auch in allen Nilländern. Er bewohnt den ganzen Norden Afrikas, findet ſih aber bloß in den e<ten Wüſten und zwar in den Niederungen, welche reih an Waſſer ſind und mehr das Gepräge der Steppen tragen, obwohl ſie niht den Reichtum dieſer leßteren aufweiſen können. An geeigneten Orten niht gerade ſelten, wird der Fenek, weil er ſehr vorſichtig und flüchtig iſt, gar niht häufig gefangen; wenigſtens kommt ex in Tiergärten und Tierſchaubuden immer äußerſt ſelten und einzeln vor, iſt ſelbſt in den Muſeen no< keineswegs eine gewöhnliche Erſcheinung.

Seine Naturgeſchichte war bis in die neueſte Zeit ſchr unklar. Anfänglich berichtete man die ſonderbarſten Dinge über ihn. Es wurde erzählt, daß er nicht wie andere Füchſe in Bauen, ſondern wie Kaßen auf Bäumen lebe; man behauptete, daß er weniger kleinen Vögeln als vielmehr Datteln und anderen Früchten, welche ſeine Hauptnahrung ausmachen ſollten, nachgehe, und dergleichen mehr. Rüppell iſt der erſte, welcher dieſen Angaben widerſpricht und den Fenek als echten Fuchs hinſtellt; ſeine Beſchreibung iſt aber noh immer furz und für uns unvollſtändig und ungenügend. Da hat mir nun mein Reiſegefährte Buvry, welcher den Fenek ſowohl im Freien als in der Gefangenſchaft genau beobachtete, eine anmutige Beſchreibung ausdrü>li< für dieſes Werk mitgeteilt. Einen guten Teil von dieſer Schilderung habe ih bereits in vorſtehendem verwendet, das übrige iſt folgendes:

„Das Weſen des Fenek iſt durch ſeine eigentümliche Leibesgeſtalt genugſam ausgeprägt; denn die zarten, dünnen Läufe zeigen die Behendigkeit und Schnellfüßigkeit, welche er beſizen muß, auf den erſten Bli, und das Geſicht ſpricht ſo deutlich von der Scharfſichtigkeit,