Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/2

D2 Vierte Ordnung: Naubtiere; fünfte Familie: Hunde.

Er ließ ſih förmlich zureden und beendete ſeine Klagen ſofort, wenn man die Stimme veränderte und ernſthaft ruhig mit ihm ſprah. Sein Gedächtnis war bewunderungswürdig. Er vergaß ebenſowenig Liebkoſungen wie Beleidigungen. Gegen leßtere ſuchte er ſih zu rächen, au<h nac längerer Zeit, erſtere nahm er mit größtem Danke entgegen. Sein Wärter mußte ihn einmal von einem Käfig in den andern bringen und dazu natürli fangen. Dies nahm er übel und biß plögli<h na< dem ſonſt ſehr geliebten Manne. Hierauf wurde er von Rechts wegen beſtraft. Seit dieſer Zeit hegte er einen tiefen Groll gegen den Wärter, obgleich dieſer ihn fortan gut und freundlih behandelte und regelmäßig fütterte. Mir dagegen blieb ex, obglei<h i< ihm nur ſelten etwas zu freſſen reihte, in hohem Grade zugethan, und niemals dachte er daran, nah mir zu beißen. Seinen alten Herrn liebte er no< immer, obwohl dieſer ihn ſehr ſelten beſu<hte. Mich erkannte er von weitem und begrüßte mih regelmäßig dur<h ein äußerſt freundliches Geſicht und einladendes S<hwanzwedeln, ſobald ih mic zeigte. Wenn ih ihn mit der Hand ſtreichelte, legte er ſi<h gern auf den Rü>ten, wie Hunde dies thun, und ih durfte dann mit ihm ſpielen, ihm die Hand zwiſchen das kräftige Gebiß ſchieben, ja ihn ſelbſt an dem Felle zauſen, ohne daß er je mals ſolches übelgenommen hätte.

Auch das Fell des Prairiewolfes findet Verwendung wie das ſeines ſtattlicheren Verwandten. Nach Lomer wird das Stü, je nah ſeiner Größe und der Fülle des Haares, im Handel mit 3—8 Mark bezahlt, gilt demnach ebenſoviel wie das Fell der geringeren europäiſchen Wölfe.

Als tiefſtſtehenden Vertreter der Wölfe auf der nördlichen Erdhalbkugel haben wir den Marderhund zu betrahten. Ex hat ein kleinzahniges Gebiß von 42 Zähnen, die Höerzähne aber ſind verhältni8mäßig ſtark entwi>elt. Außerdem weichen die Verhältniszahlen der Wirbel ab, finden ſi< namentli<h mehr Bruſtwirbel als bei den übrigen Hunden, mit Ausnahme des Löffelhundes/ dagegen aber weniger Shwanzwirbel, und laſſen ſih ſonſt noh Eigentümlichkeiten des Gerippes nachweiſen.

Der Marderhund, Waſchbär- oder S<hleichkaßenhund, Tanuki der Japaner, Chauſe der Chineſen, Jlbigae der Birar-Tunguſen, Fendako der Golden, Naoto der Mandſchu 2c. (Canis [Lupus] procyonoides, Nyctereutes procyonoides und viverrinus), erinnert in ſeinem Geſamtgepräge mehr an Marder als an Hunde. Der geſtre>te, hinten verdi>te Leib ruht auf niederen {hwächlihen Beinen, der Kopf iſt kurz, ſhmal und ſpiß, der Schwanz ſehr kurz, beinahe ſummelhaft und buſchig, das Ohr kurz, breit, abgerundet und faſt ganz in dem ſehr reihen Pelze verſte>t, die Färbung marder-, niht aber hundepelzartig, mit Ausnahme einés ziemlich breiten über die Schultern nah den Vorderläufen ziehenden dunkelbraunen Bandes und der ebenſo aus\ſehenden Läufe auch ſehr veränderlich, bald heller, bald dunkler. Kopf und Halsſeiten ſind gewöhnlich hellfahl, die übrigen Teile bräunlih, Wangen und ein ſcharf abgegrenzter Ohrrand braun, die Unterteile hellbraun; der Schwanz in ſeiner größeren Endhälfte iſt {hwarzbraun, ein großer Fle>en auf der Halsſeite vor und ein anderer auf der Leibesſeite hinter dem erwähnten Schulterbande hmußtig iſabellfahl; die einzelnen Haare ſind an der Wurzel braun, an der Spitze bis gegen ein Dritteil der Haarlänge hin fahlgelb. Das Wollhaar übertrifft, laut Radde, an Fülle das jedes anderen Hundes und würde den Pelz ungemein wertvoll machen, wäre das Dekhaar nicht ſtruppig wie das des Dachſes, und ſtörte niht die vielfah abändernde Geſamtfärbung die Gleichmäßigkeit eines aus ſolchen Fellen bereiteten Pelzes. Jm Sommer iſt die Färbung merklih dunkler, weil die nah der Härung allmähli<h auswachſenden Grannenhaare an der Spiße noh niht ausgebleiht ſind. Die Länge des Tieres, einſhließlih des 10 cm langen Schwanzes, beträgt 75-—80 cm, die Höhe am Widerriſte nur 20 em.