Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/2

68 Vierte Ordnung: Raubtiere; funfte Familie: Hunde.

Der Hauptangriff erfolgt niht von vorn und iſt niht nah der Kehle gerichtet, ſondern nah den Flanken, na<h den Weichteilen des hinteren Leibes die dur< blibſhnell während der Heße angebrachte Biſſe zerriſſen werden, ſo daß die Eingeweide hervorquellen worauf dann das verfolgte Tier ſehr bald zuſammenſtürzt. :

Da die Wildhunde ſehr ſeu ſind und gut beſiedelte Gegenden meiden, verurſachen ſie niht regelmäßig Schaden unter Haustieren; indeſſen berihten Jerdon, McMaſtex und Blanford je einen Fall, daß ſelbſt ſo wehrhafte Tiere wie Hausbüffel von ihnen überwältigt worden ſind. Gewöhnlich jagen ſie Hirſche, Antilopen, Shweine, ſollen ſi< indeſſen auh an Bären, Leoparden und Tiger wagen. Obwohl nur Angaben dex Eingeborenen vorliegen, ſind doch erfahrene Jäger, wie Baldwin, Sterndale, Sanderſon, durchaus geneigt, dieſe für richtig zu halten. Blanford hingegen meint, der Glaube ſei dadurch entſtanden, daß Wildhunde gelegentli<h Leoparden und Tigern ihre Beute ſtreitig machen und mit dieſen zuſammengeraten, wobei es harte Kämpfe und Tote auf beiden Seiten geben mag. Nicht glaubhaft ſind andere Berichte der Eingeborenen, wonach die Wildhunde ihren ſehr ſcharfen Urin auf Buſchwerk ſprißen, dur<h welches ſie das erwählte Opfer treiben, oder mittels des Schwanzes unmittelbar in die Augen des Tieres ſ{<leudern, um es im Zuſtande der Blendung zu überwältigen. Obwohl der Kolſun ſehr kühn und raubgierig iſt, ſo wird doh kein Fall berichtet, daß er ſi< am Menſchen vergriffen habe. Sanderſon hat ihn mehrmals heßend beobahtet. Er ſchreibt: „Die Wildhunde jagen geleitet ſowohl bei Geſicht wie bei Geruch, und ihre Ausdauer iſt ſo groß, daß ſie ſelten ein Tier vergeblich verfolgen werden. “ Eines Morgens jagten zwei Wildhunde einen Hirſh an meinem Zelte vorüber; der eine fiel zurü> beim Erbli>en des Lagers, der andere aber, der diht an der Beute war, ſ{<hnappte bliß\<nell zweimal nah dem Unterleibe, bevor er ſi< davonmachte. Der Hirſh bra<h na< wenigen Fluchten mit heraushängenden Eingeweiden zuſammen. Ein andermal ſah ih einen von drei Wildhunden verfolgten ſtolzen Hirſh über eine Waldblöße fliehen. Die Verfolger hatten nur Zeit, einigemal na< den Flanken zu ſ{nappen, denn wir warfen uns dazwiſchen. Auch dieſer Hirſh ging nur noh wenige Schritte weit, fiel dann und wurde von einem meiner Leute geſpeert. Jhm war ebenfalls der Unterleib auf: und das Kurzwildbret abgeriſſen; auf der Jnnenſeite einer Keule fehlten etwa 2 kg Fleiſh. Ähnliche Verwundungen könnten leiht auh einem Tiger beigebraht werden.“

Die Fortpflanzungszeit fällt in den Winter. Die Tragzeit iſt niht genau bekannt, währt aber, laut Blanford, etwa 2 Monate. Die Hündin wirft vom Fanuar bis März in Löchern und Höhlen ſe<s und man<hmal no< mehr, nah Hodgſon durhſchnittlich aber bloß 2—4 Junge. Dieſer Gewährsmann berichtet auch, daß es einmal gelungen ſei, einen jungen Kolſun bis zu einem gewiſſen Grade zu zähmen; andere aber blieben jahrelang glei ſcheu und wild. Die allgemeine Erfahrung geht vorläufig dahin, daß dieſe Wildhunde entweder gar nicht oder doh nur äußerſt ſhwierig zu zähmen ſind.

Die öſtliche Grenze der Verbreitung des indiſhen Wildhundes wird in Barma, überhaupt in den Ländern zwiſchen Aſſam und Tenaſſerim vermutet; und hier wird ſih auh die ebenſo zweifelhafte nordweſtlihe Grenze der Heimat des zweiten ſüdaſiatiſhen Wildhundes finden, welcher die Malayiſche Halbinſel, Sumatra und Java, vielleicht auh Borneo bewohnt. Der malayiſhe Wildhund oder Adjag (Canis [Cyon] rutilans, C. sumatrensis, Cuon primaevus) ift fleiner und ſ{<wächer als ſein indiſcher Verwandter und trägt ein gelblih fuhS8rotes bis tief roſtrotes, unterſeits lihteres Haarkleid. Die Shwanzſpiße iſt ſ{<waLz.

Der Adjag ſcheint ſi< in ſeiner Lebens- und Jagdweiſe niht weſentlih, vom Kolſun zu unterſcheiden, nur wird von ihm niht berichtet, daß er großen und wehrhaften Tieren