Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

22 Zehnte Ordnung: Unpaarzeher; vierte Familie: Klippſchliefer.

geteilten Zehen, welche von den Juden niht gegeſſen werden dürfen, und hierin iſt es woh! begründet, daß noh heutigestags in Abeſſinien weder die Chriſten no< die Mohammedaner Klippſchlieferfleiſh eſſen. An anderen VDrten und namentli<h im nördlichen Arabien erbli>en die Beduinen in ſolchem Wildbrete nihts Verachtenswertes und ſtellen ihm deshalb eifrig nah. Jn Syrien benamt man ſie noh heutigestags Rhanem Fsrael oder „Schafe der Jsraeliten“. Sonſt ſind ſie in Arabien unter dem Namen Wabbr bekannt; die griechi: ſchen Kloſterbrüder am Sinai nennen ſie Choerogryllion; in Dongola heißen fie Keïta oder Koko und in Abeſſinien Aſ<koko. Die Klippſchliefer dürfen größtenteils als bezeihnende Tiere der Wüſten- und Steppengebirge aufgefaßt werden. Fn verſchiedenen, jedo< feineswegs leiht zu beſtimmenden Arten bewohnen ſie alle Gebirge Syriens, Paläſtinas und Arabiens, vielleiht au< Perſiens, der geſamten Nilländer, Dſtz, Weſt- und Südaſriïas, und zwar die Hochgebirge bis zu 2000 oder 3000 m Höhe niht minder zahlrei als die inſelartig aus den Ebenen emporragenden Kuppen und Kegel, welche den Steppenländerit tordoſtafrikas ein ſo eigentümlihes Gepräge verleihen.

Es iſt ziemli< gleihgültig, welche Art von den bis jegt bekannten Klippſchliefern wir uns zur Betrachtung erwählen, weil, abgeſehen davon, daß einige auf Bäumen leben, in ihrer Leben3weiſe alle übereinkommen. Nur weil ih auf meinem Fagdausfluge nah Abeſſinien Gelegenheit hatte, den dort vorkommenden Aſ<hfofko (Hyrax abyssinicus) fennen zu lernen, habe i< deſſen Beſchreibung hier aufgenommen. Die Länge des Tieres beträgt 25—30 cm; der Pelz beſteht aus ziemlich langen, an der Wurzel gewellten, übrigens ſ{lihten und feinen Haaren, welche am Grunde graubraun, in der Mitte fahlgrau und vor der lichten Spiße dunkelbraun ausſehen, ſo daß die Geſamtfärbung zu einem heller und dunkler geſprenkelten Fahlgrau wird. Die Unterſeite iſt liter, fahlgelblih, ein Mundwinkelſtreifen gelblihweiß, ein Fle>en auf dem Rücken braun, das Ohr außen fahlgrau, innen hellfahl, das Auge tief dunkelbraun, die Naſenkuppe ſ{<warz. Abänderungen der Färbung ſcheinen ziemlich häufig vorzukommen.

Je zerklüfteter die Felswände ſind, um ſo häufiger triſt man unſere Tiere an. Wer ruhig dur< die Thäler ſchreitet, ſieht ſie reihenweiſe auf den Felſengeſimſen ſizen oder no öfter liegen; denn ſie ſind ein behagliches, faules Volk, welches ſih gern von der warmen Sonne beſcheinen läßt. Eine raſhe Bewegung oder ein lautes Geräuſch verſcheucht ſie augenbli>lih: die ganze Geſellſchaft bekommt Leben; alles rennt und flüchtet mit Nagergewandtheit dahin und iſt faſt im Nu verſhwunden. Jn der Nähe der Dörfer, wo man ſie ebenfalls, oft faſt unmittelbar neben den Häuſern, antrifft, ſcheuen ſie ſih kaum vor dem Cingeborenen und treiben in ſeiner Gegenwart dreiſt ihr Weſen, gerade, als wüßten ſie, daß hier niemand daran denkt, ſie zu verfolgen; vor fremdartig gekleideten oder gefärbten Men[hen aber ziehen ſie ſi<h augenbli>lih in ihre Felsſpalten zurü>. Weit größere Furcht als der Menſch flößt ihnen der Hund oder ein anderes Tier ein. Wenn ſie ſi< auch vor ihm in ihren Rigen wohl geborgen haben, vernimmt man dennoch ihr eigentümliches, zitternd hervorgeſtoßenes gellendes Geſchrei, welches mit dem kleiner Affen die größte Ähnlichkeit hat. Die Abeſſinier glauben, daß der ſ{<limmſte Feind der Klippſchliefer, der Leopard, an den Felswänden dahinſchleiche, wenn dieſe gegen Abend oder in der Nacht ihre Stimmen vernehmen laſſen; denn ungeſtört ſoll man ſie nah Sonnenuntergang niemals ſchreien hören. Auch Vögel können ihnen das größte Entſegen verurſachen. Eine zufällig vorüberfliegende Krähe, ſelbſt eine Schwalbe iſ im ſtande, ſie nah ihrer ſiheren Burg zurüczujagen.