Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

124 Zehnte Drdnung: Unpaarzeher; vierte Familie: Klippſchliefer.

etivas weiter vorwärts, und bald folgen ihr in ähnlicher Weiſe, fortwährend nach der verdächtigen Stelle ſhauend, mehrere andere Eidechſen, zuweilen eine Bewegung mit dem Oberkörper machend und einen ſ{<narrenden Ton von ſi<h gebend. Nach geraumer Zeit wird ein Teil vom Kopfe einer Manguſte ſichtbar; das Tier entſhlüpft nur langſam und vorſichtig der ſhüßenden Spalte, ſ{<hnüffelt gegen den Wind und erhebt ſi< endli<h auf die Hinterbeine, um beſſere Rundſchau halten zu können. Zuletzt kommt ein Klippdachskopf um den anderen zum Vorſchein, aber alle immer noch ſehr aufmerkſam die gefährliche Richtung nah dem Verſte>e des Jägers beobachtend, und erſt wenn die Eidechſen wieder angefangen haben, ihre Jagd auf Kerbtiere zu betreiben, iſt Furht und Vorſicht verſ<wunden und die allgemeine Ruhe hergeſtellt.“

Nur ungern verlaſſen die Klippſchliefer ihren Felſen. Wenn das Gras, welches zwiſchen den Blö>en hervorſproßte, abgeweidet iſt, ſteigen ſie allerdings in die Tiefe hinab; dann aber ſtehen immer Wachen auf den vorragendſten Felsſpißen, und ein Warnungszeichen von dieſen iſt hinreichend, die eiligſte Flucht der ganzen Geſellſchaft zu veranlaſſen.

Hinſichtlih ihrer Bewegungen und ihres Weſens erſcheinen die Klippſchliefer gewiſſermaßen als Mittelglieder zwiſchen den plumpen Nashörnern und den behenden Nagern. Wenn ſie auf ebenem Boden dahinlaufen, iſt ihr Gang verhältnismäßig ſ{hwerfällig: ſie bewegen die Beine mit jener bekannten Ruhe der Nashörnexr, oder beſſer, ſie ſhleihen nur dicht an der Erde weg, als ob ſie fürchteten, geſehen zu werden. Nach einigen wenigen Schritten ſtehen ſie ſtill und ſichern; hierauf geht es in derſelben Art weiter. Anders iſt es, wenn ſie erſhre>t werden. Dann ſpringen ſie in kurzen Säßen dahin, immer ſo eilig wie möglich dem Felſen zu, und hier nun zeigen ſie ſih in ihrer vollen Beweglichkeit. Sie klettern meiſterhaft. Die Sohlen ihrer Füße ſind vortrefflih geeignet, ſie hierin zu unterſtüßen. Der Ballen iſt weih, aber denno< rauh, und deshalb gewährt jeder Tritt die bei ſ<hneller Bewegung auf geneigten Flächen unbedingt notwendige Sicherheit. Mich haben die Klippſchliefer lebhaft an die Eidechſen mit Klebefingern, die ſogenannten Ge>os, erinnert. Dbwohl ſie niht, wie dieſe beweglichen Tiere, an der unteren Seite wagere<ter Flächen hingehen tönnen, geben ſie ihnen do< im übrigen niht das geringſte nah. Sie laufen aufwärts oder kopfunterſt an faſt ſenkrehten Flächen mit derſelben Sicherheit dahin, als ob ſie auf ebenem Boden gingen, kleben ſi<h an halsbrehenden Stellen förmlich an den Felſen an, ſteigen in Winkeln oder Riten äußerſt behende auf und nieder, halten ſi< au< an jeder beliebigen Stelle feſt, indem ſie ſih mit dem Rücken an die eine Wand der Nite, mit den Beinen aber an die andere ſtemmen. Dabei ſind ſie geübte und gewandte Springer. Auf Säbße von 8—5 m Höhe kommt es ihnen niht an; man ſieht ſie ſelbſt an 8$—10 m hohen, ſent rehten, ja überhängenden Wänden nach Art der Katen hinabgleiten, indem ſie etwa Dreiviertel der Höhe an der Wand herunterlaufen und dann, plößlich von ihr abſpringend, mit aller Sicherheit auf einem neuen Steine fußen.

Wie mir, erſchien auh Schweinfurth die unerreichte Beweglichkeit und Kletterfertigkeit der Klippſc<hliefer im höchſten Grade befremdlih, bis ein Zufall ihm das bis dahin unerklärte Nätſel löſte. Von einem eingeborenen Jäger darauf aufmerkſam gemacht, daß ein angeſchoſſener Klippſchliefer im Todeskampfe ſo innig an den glatten Felſen ſih Îlammere, als wäre er feſtgewachſen, erfuhr er die Thatſähhlihkeit dieſer Behauptung, als er einen von ihm verwundeten Aſchkoko von der Felſenplatte abheben wollte und auf einen ſo bedeutenden Widerſtand ſtieß, daß eine merkliche Kraftanſtrengung dazu gehörte, denſelben zu überwinden. Genaue Unterſuchung der wie Kautſchuk ſpann- oder federkräftigen Sohlen überzeugte unſeren, wie immer ſcharf beobachtenden Forſcher, daß der Klippſchliefer im ſtande iſt, dur beliebige Einziehung und Ausdehnung der mitteren Spalte ſeiner Sohlenpolſter ſi< an die glatte Dberfläche anſaugen zu können. Mit Rehht hebt Shweinfurth hervor,