Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

Giraffe: Allgemeines. Verbreitung. 1128)

Begriffen häßlih genannt werden, und die ungeheure Höhe des Tieres trägt durchaus niht zu ſeiner Zierde bei. Schön iſt der Kopf, wundervoll das Auge, angenehm die Zeihnung, alles übrige auffallend und ſonderbar.

Dex langgeſtre>te Kopf der Giraffe erſcheint, der ziemlih dünnen Schnauze wegen, noh länger, als er iſt, trägt ſehr große, lebhaft glänzende und do< ungemein ſanfte Augen, große, zierlih gebaute, äußerſt bewegliche Ohren von etwa 15 cm Länge und die zwei Skirnzapfen, welche entfernt an Hörner erinnern und etwas kürzer ſind als die Ohren. Zwiſchen beiden erhebt ſi eine rundlihe Knochenanſchwellung, gleichſam als drittes Horn. Der Hals iſt etwa ebenſo lang wie die Vorderbeine, dünn, ſeitlih zuſammengedrückt und hinten mit einem hübſchen Haarkamme geziert. Der Leib iſt breit an der Bruſt, am Widerriſte viel höher als am Kreuze und längs der Mittellinie etwas eingeſenkt, vorn durch die faſt recht: winkelig vorſpringenden Schulterblätter ſehr ausgezeihnet, hinten auffallend verſhmälert, ſo daß man den Hinterleib, wenn man das Tier gerade von vorn anſieht, gar niht bemerkt. Die Beine ſind verhältnismäßig zart und faſt gleich lang, ihre Hufe zierlih gebaut. Elle und Wadenbein mangeln vollſtändig; dem Mittelfußknochen fehlt jede Spur der urſprünglichen Verwachſung aus zwei getrennten Stücken, und auch die als Afterklauen bei anderen Wiederkäuern noh vorhandenen Reſte der zweiten und fünften Zehe ſind hier gänzlich geſ{<wunden. An den Beugegelenken der Läufe zeigt ſich eine na>te Schwiele, wie das Kamel ſie beſizt. Die Haut iſt ſehr di> und, mit Ausnahme des erwähnten Hornkegel3, des Halsfammes und dem S<hwanzquaſte, überall gleichmäßig behaart. Ein fahles Sandgelb, welches auf dem Rücken etwas dunfler wird und auf der Unterſeite ins Weißliche übergeht, bildet die Grundfärbung; auf ihr ſtehen ziemlich große, unregelmäßig geſtaltete, meiſt e>ige Fle>en von dunlklerer oder lichterer roſtbrauner Färbung, und zwar ſo dicht, daß der helle Grund nur negßartig hervortritt. Am Halſe und an den Beinen ſind dieſe Fle>en kleiner als auf dem übrigen Leibe. Der Bauch und die Jnnenſeite der Beine ſind ungefle>t. Die Mähne iſt fahl und braun gebändert; die Ohren ſind vorn und an der Wurzel weiß, hinten bräunlih; der Haarquaſt iſt dunkelſhwarz. Ungeborene, noch niht völlig ausgetragene Giraffen haben ein ſehr weiches, mausgrau gefärbtes Fell ohne Fle>en; zur Zeit der Geburt ſind dieſe aber ſhon vorhanden. Sehr alte Männchen ſehen oft ſehr dunkel, die alten Weibchen regelmäßig li<ht aus, als ob ihr Fell verblihen wäre.

„Daß die Giraffe“, bemerkt Dümichen, „den alten Ägyptern bekannt wax, würde man ſhon daraus ſchließen können, weil das Bild derſelben in der Hieroglyphenſchrift als ein Silbenzeichen auftritt; es finden ſi<h aber auh an den Wänden verſchiedener Tempel und Grabkammern Darſtellungen, welche uns belehren, daß Giraffen als Tribute aus dem Süden herbeigeführt wurden. Das mittels der Giraffe geſchriebene Silbenseichen hat den Lautwert „ſer“, und ihm fommt die Bedeutung „groß, hoh, erhaben“ zu; ob aber „ſer“ auh der Name der Giraffe geweſen, ſteht niht feſt, da bisher noh keine Darſtellung aufgefunden zu ſein ſcheint, welcher bei der Abbildung der Tiere in hieroglyphiſcher Beiſchrift auh der Name hinzugefügt worden iſt.“

Das gegenwärtige Verbreitungsgebiet der Giraffe erſtre>t ſich in einem weiten Bogen über die öſtliche Hälfte Afrikas, etwa vom 16. Grade nördlicher bis zum 23. Grade ſüdlicher Breite; nur in der Kalahari mag es etwas weiter nah Süden reichen, keinesfalls aber bis zum Oranjefluſſe. Fm ganzen Kongogebiete ſcheint die Girafſe zu fehlen, iſt auh in Oberwie Niederguinea und den Hinterländern unbekannt und kam überhaupt bloß in Südweſtafrifa bis zum Atlantiſchen Ozeane vor. Hier iſt ſie jedoch ſeit mehr denn einem Menſchenalter ausgerottet worden. Anfang der fünfziger Jahre erlegte man ſie noh unfern der Walſiſhbai; die leßten wurden, laut Brin>er und Jrle, im Jahre 1870 ſchon weit im Jnneren, öſtlich von Dfahandya, geſehen. Jeßt ſind ſie nur noch in der Kalahari, im Ngamigebiete