Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

142 Elfte Ordnung: Paarzeher; zweite Familie: Kamele.

Gegenwärtig kennt man das Dromedar bloß als Haustier und zwar in allen Ländern Afrikas vom Mittelländiſchen Meere bis etwa zum 12. Grade, im Somallande bis zum 5. Grade nördlicher Breite ſowie im ſüdweſtlichen Aſien. Vom äußerſten Oſten aus, von Buchara und Turkmenien, wo das zweihö>erige Kamel aufzutreten beginnt und, nah A. Walter, hochgeſhäßte Blendlinge beider Arten vorkommen, iſt es dur< Perſien, Kleinaſien, Syrien, Arabien und den Norden Afrikas bis zum Atlantiſchen Ozean verbreitet. Es findet ſi< aber au< auf den Kanariſchen Jnſeln und iſt na< Auſtralien, Nordamerika, Ftalien und Südſpanien eingeführt worden. Jn den tro>enen Landſtrichen Nordindiens befindet es ſih ganz wohl. Auf der Fnſel Sanſibar ſind, laut Hans Meyer, Dromedare in den Olmühlen des Sultans beſchäftigt, leiden aber ſehr unter dem Klima. Seine urſprüngliche Heimat ſcheint Arabien geweſen zu ſein; denn im nördlichen Afrika iſt es wahrſcheinlih erſt ziemlih ſpät eingeführt worden. Auf den altägyptiſchen Denkmälern findet man keine Abbildung dieſes auffallenden Tieres, und ebenſowenig erwähnen die römiſchen und griechiſchen Schriftſteller, welche Altägypten bereiſten, das Kamel als ein einheimiſches Tier. „Slei<hwohl“/ ſo ſchreibt Dümichen, „wax dieſes den alten Ägyptern mindeſtens zur Zeit des neuen Reiches bekannt. Der Name ſcheint aus den ſemitiſhen Sprachen entnommen worden zu ſein; denn übereinſtimmend mit dem hebräiſchen Gamal lautet das ägyptiſche Wort in voller Schreibung Kamoaal und in anderen Lesarten Kameli und Kamelia, im Koptiſchen erhalten unter der Form Gamaul und Djamoul. Fn einem aus der Zeit des höchſten Aufſhwunges des altägyptiſchen Schrifttumes herrührenden Papyrus, welcher die Reiſe eines Ägypters in Syrien und Paläſtina behandelt, wird berichtet, daß man den Reiſenden Fleiſch von Kamelen zur Nahrung angeboten habe; in einem andern, von Chabas mitgeteilten Papyrus aus derſelben Zeit, dem 14. Fahrhundert v. Chr., heißt es: „Das Kamel, welches hor<ht aufs Wort, wird herbeigeführt aus Äthiopien“. Die alten Ägypter, welche ſi<h auf das Abrichten der Tiere vortrefflih verſtanden, ſcheinen au< das Kamel zu einer Art von Tanz abgerichtet zu haben. Dieſer Tanz führt den Namen ,Kenken“, ein Tanz der Ägypter aber, in Beziehung auf jenen, wohl wegen der ergößlichen Bewegungen des tanzenden Kameles, den Namen „Kamelikameli“, d. h. dem Kamele gleih herumtanzen. Fn einem Papyrus aus der vorerwähnten Ramſeszeit heißt es mit klaren Worten: ,Tu her ſeba kameli er kenken‘, zu deutſh: man iſt im Unterweiſen des Kameles zum Tanzen. Fn einem andern Papyrus wieder iſt von dem Laſttragen des Kameles die Rede. Dieſe Beiſpiele beweiſen zur Genüge, daß die alten Ägypter mindeſtens vom 14. Jahrhunderte an das Kamel gekannt und benugt haben.“ Fn der Bibel wird das Tier unter dem Namen „Gamal“ ſehr häufig erwähnt. Hiob hatte 3000, ſpäter 6000 Kamele; die Medianiter und Amalekiter beſaßen ſo viele wie „Sand im Meere“. Man benußtte das Tier ganz wie zu unſerer Zeit. Über Nordafrika hat es ſi< wahrſcheinlich erſt mit den Arabern verbreitet. Seine Zähmung fällt in das vorgeſchichtliche Altertum; man weiß auh niht, woher es eigentlich ſtammt. Wilde oder verwilderte Kamele dieſer Art finden ſi<h nirgends mehr.

Das Kamel iſt ein eigentlihes Wüſtentier und befindet ſi bloß in den tro>enſten und heißeſten Landſtrichen wohl, während es im angebauten und feuchten Lande ſein eigentliches Weſen verliert. Jn Ägypten hat man, wahrſcheinlih durch das reichlichere Futter, nah und nach ſehr große und ſchwere Kamele gezüchtet; aber dieſe haben mehrere der ſ{häßbarſten Eigenſchaften, Leichtigkeit ihres Ganges, Ausdauer und Enthaltſamkeit, verloren und werden deshalb von den Arabern der Wüſte gering geachtet. Jn den Gleicherländern Afrikas aber, wo die Pflanzenwelt reiher wird, kommt das Kamel nicht mehr fort. Vielfache Verſuche, mit ihm nach dem eigentlichen Herzen von Afrika vorzudringen, ſind geſcheitert. Fnnerhalb ſeines Verbreitungskreiſes befindet ſih das Tier wohl und gedeiht vortreſflih; weiter ſüdwärts gebracht, wird es ſ{hwächlih und erliegt ſchließlich bei dem reihlihſten Futter ohne