Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

144 Elfte Drdnung: Paarzeher; zweite Familie: Kamele.

ſie zwiſchen Fnyo in Kalifornien und Carſon in Nevada Laſten befördern ſollten. Da der Erfolg keine8wegs den Erwartungen entſprach, ſeßte man auch dieſe Tiere in Freiheit. Es iſt mix berichtet worden, daß noch heutigestags einige Überlebende ſi in verwildertem Zuſtande in den wüſten Gegenden des ſüdlihen Arizona und Kaliforniens herumtreiben: im Januar 1889 wurde eines dieſer verwilderten Dromedare in Arizona, in der Gegend vom ſogenannten Gila Bend, eingefangen. Dies iſt die lebte Nachricht, welche uns bis jezt über die Tiere zugegangen iſt.“

Im ganzen Norden und Oſten Afrikas wird das Dromedar in großer Menge gezüchtet. Unzählige ſind auf den großen Wüſtenſtraßen zwiſchen den Nigerländern und dem Norden Afriïas in Bewegung. Die Anzahl der Kamele welche jährlih an den Wüſtenſtraßen zu Grunde gehen, läßt ſi<h niht bere<hnen; wie groß ſie aber iſt, kann man am beſten exjehen, wenn man ſelbſt dur< die Wüſte reiſt. Jn der Nubiſchen Wüſte ſowohl als in der Bajuda fand ih am Ein- und Ausgange der vorhin genannten Straßen auf viele Meilen hin ein Kamelgerippe ſo dicht neben dem andern, daß die Straße durch die weiß gebleichten Knochen vollkommen bezeihnet wurde. Die Wüſte iſt niht bloß die Heimat und der Geburtsort, ſondern auch die Sterbeſtätte und das Grab des Kameles; die wenigen, welche geſ<la<htet werden, kommen gegen die, welche auf ihren Berufswegen verenden, faum in Betracht.

Das Kamel nimmt ſeine Nahrung einzig und allein aus dem Pſflanzenreiche und iſt dabei durhaus niht wähleriſ<h. Man darf wohl behaupten, daß gerade ſeine Genügſamfeit ſeine größte Tugend iſt: das ſ<hlehteſte Futter genügt ihm. Wenn es die dürrſten und troenſten Wüſtenpflanzen hat, kann es wochenlang aushalten. Unter Umſtänden iſt ihm ein alter Korb oder eine Matte, aus den zerſhliſſenen Blattriefen der Dattelpalmen geflochten, ein willkommenes Gericht. Fm Oſtſudan muß man die Hütten der Eingeborenen, welche aus einem Gerippe von ſhwachen Stangen beſtehen und dann mit Steppengraſe bekleidet werden, vor den Kamelen durc eine dichte Umzäunung von Dornen ſchüßen: die Tiere würden ſonſt das ganze Haus bis auf ſeine Grundfeſten auffreſſen. Wahrhaft wunderbar iſt es, daß ſelbſt die ärgſten Dornen und Stacheln das harte Maul des Kameles nicht verwunden. Mehr als hundertmal habe ih geſehen, daß Kamele Akazienzweige, an denen Dornen an Dornen ſaßen, ohne weiteres hinunterwürgten. Nun muß man wiſſen, daß dieſe Dornen zum Teil außerordentlih ſ{<harf und lang ſind und ſelbſt die Sohlen des Shuhwerkes durchdringen können; dann verſteht man erſt, was dies ſagen will. Wenn die Karawane abends raſtet und die Kamele frei gelaſſen werden, damit ſie ſich ihre Nahrung ſuchen, laufen ſie von Baum zu Baume und freſſen hier alle Äſte ab, welche ſie erreichen fönnen. Sie beſizen ein merkwürdiges Geſhi>, mit ihren Lippen die Zweige abzubrechen ; dann aber würgen ſie dieſelben hinunter, ganz unbekümmert, in welcher Richtung die Dornen vom Zweige abſtehen. Können ſie einmal ſaftige Nahrung haben, o iſt das ihnen ſehr genehm: in den Feldern hauſen ſie oft in abſcheulicher Weiſe und verwüſten dort ganze Strecten; auch kleine Bohnen, Erbſen, Wien verzehren ſie ſehr gern, und Körner aller Art erſcheinen ihnen als wahre Le>erbiſſen. Auf den Wüſtenreiſen, wo es notwendig iſt, daß die Laſt ſoviel wie möglich verringert wird, nimmt jeder Araber bloß etwas Durrha oder auh Gerſte für ſein Kamel mit ſih und füttert dem Tiere davon allabendlih ein paar Händevoll, gewöhnlich gleich aus ſeinem Umſchlagetuche, bezüglich aus ſeinem Schoße. Jn den Städten gibt man ihnen Puffbohnen; in den Dörfern erhalten ſie oft nihts anderes als verdorrtes, hartes Gras oder Duxrhaſtroh. Es ſcheint aber, als ob das Laub verſchiedener Bäume und anderer Geſträuche ihre liebſte Nahrung wäre; wenigſtens bemerkt man, daß die Kamele wie die Giraffen immer nah den Bäumen hin ihre Schritte lenken.

Bei ſaftiger Pflanzennahrung kann das Dromedar wochenlang das Waſſer entbehren, falls es niht beladen und beſonders angeſtrengt wird und ſih ſeine Pflanzen nah