Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3, page 269

Hausſ<hafe: Annahmen über Abſtammung. 239

deshalb, weil der Widder das dem Ammon von Theben geheiligte Tier war, die alten Ägypter aus ehrfur<htsvoller Scheu das Schaf unter die von ihnen dargeſtellten Haustiere niht mit eingereiht haben ſollten, läßt ſih niht annehmen; denn dann würden ſie ja aus demſelben Grunde es auch ſpäter nicht abgebildet haben und ebenſo andere Tiere, wie z. B. die gerade auf den älteſten Denkmälern ſo zahlrei dargeſtellten, dem Langhornſchlage angehörenden Rinder, aus denen der heilige Apis genommen wurde, abzubilden haben unterlaſſen müſſen. Es darf vielmehr aus dieſem gänzlichen Fehlen der Abbildungen des Schafes auf den älteſten Denkmälern der Schluß gezogen werden, daß eben dieſes Tier zu den erſt ſpäter in das Nilthal eingeführten gehörte. Das in Afrika heimiſhe Mähnenſchaf, von welchem das Berliner ägyptiſche Muſeum ein paar mumifizierte Köpfe beſizt, kommt einige Male auc in Abbildungen auf den Denkmälern vor, und wie Hartmann geneigt iſt anzunehmen, ſoll ein in einem Grabe von Gifeh und ein in einem Grabe des Ti in Sakarah und noch ein drittes in einem Grabe von Beni Haſſan angebrachtes Bild beſagtes Mähnenſchaf darſtellen. Könnte wohl das ägyptiſche Hausſchaf von dieſem Tiere abſtammen? Der Tierkundige wird dieſe Frage zu beantworten wiſſen; ih beſ<hränke mich darauf, der mumifizierten Köpfe und der Abbildungen dieſes Tieres ſowie des gänzlichen Fehlens der Schafe in der älteſten Zeit des ägyptiſchen Reiches hier Erwähnung zu thun. Unter den herdenweiſe dargeſtellten Haustieren der alten Ägypter begegnet uns nun zwar auf den ſpäteren Denkmälern des neuen Reiches das Schaf auh no< niht; wohl aber kommen vereinzelte Darſtellungen desſelben nun vor, wie z. B. das ſchöne von Priſſe mitgeteilte Bild eines Widderkampfes in einem Grabe von Gurna, auf welches mit Recht kürzlich wieder der hochverdiente Chabas in ſeinem bei Beſprehung des Kamels erwähnten Werke aufmerkſam gemacht hat. Auch aus Stein gehauene Widder, wie ſolche reihenweiſe, namentlich als einfaſſender Shmu> zu beiden Seiten der großen Prozeſſionsſtraßen, aufgeſtellt wurden, begegnen uns bei den Tempeln des neuen Reiches häufig, und ebenſo wird in den Jnſchriften jener Zeit nicht ſelten das hieroglyphiſ< „Serau‘ und häufig noh mit abgefallenem er „Sau“ genannte Hausſchaf erwähnt, welches von Fißinger ſeiner Zeit unter der Bezeichnung Aſſuanſchaf (Ovis aries syenitica) oder Hängeohrſchaf (Ovis aries catotis) als eigene Art aufgeführt wurde.“

Beſagte Raſſe kennzeichnet ſih, laut Hartmann, dur eine Ramsnaſe, lange, ziemlich breite Shlappohren, nicht ſelten ſtarke, nah außen, unten und wieder nach oben gebogene, alſo einmal gewundene Hörner ſowie ein mit langer, dichter Wolle bewachſenes Fell; der Shwanz iſt in der Mitte 6—8 em di> und endigt mit einer dünneren Klunker. Von dieſer Naſſe gibt es wieder mehrere Spielarten, und an den Schafbildern, welche die Alten auf Denkmälern gegeben haben, ſind die bezeihnenden Raſſenmerkmale unſeres heutigen Breitſhwanzſchafes (Ovis aries platyura) wohl zu erkennen: die Ramsnaſe wie die mehr oder weniger langen, breiten und ſchlaffen Ohren, der bald fettere, bald dünnere Shwanz. Nun iſt aber bemerkenswert, daß die Alten den Hörnern ihrer Widder eine nah hinten und außen, dann nach unten und wieder nah hinten und außen verlaufende Drehung verleihen, an dem dur Lepſius von Dſchebel Barkal nah Berlin gebrachten Granitwidder ſind die oben genannten Merkmale der Spielart gut ausgeprägt, ebenſo, wie es ſcheint, an dem von Trémaux unter den Ruinen von Sobah oberhalb Chartums am Blauen Nile gefundenen Steinwidder, an welchem man aber ein gekräuſeltes Wollvließ dargeſtellt hat, wie ſolches do< den um Napata und Sobah gezüchteten behaarten Hausſchafen fehlt. Db dies nun aus Laune des Bildhauers geſchehen oder deshalb, weil ſi< derſelbe einen Widder aus Dberägypten oder Nubien zum Vorbilde gewählt, bleibt zweifelhaft. Auch Dümichen fand auf ſeiner erſten, der Erforſhung der Denkmäler gewidmeten Reiſe, welche er bis oberhalb Chartums ausdehnte, auf den Ruinenſtätten des alten Sobah im Fahre