Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

Jünfzehnte Ordnung. Die Gabeitiere (Monotremata).

Längere Zeit hat man ſi< lebhaft geſtritten, wel<her Ordnung man die Gabel- oder Kloakentiere beigeſellen ſolle, heute iſt dieſer Streit erledigt. Die einſtige Anſicht älterer Tierkundigen, welche in den Kloakentieren eine beſondere Klaſſe des Tierreiches ſehen wollten, hatte allerdings ihre Geltung verloren, hat ſie aber zur Zeit zum großen Teile zurügewonnen, und kein Tierkundiger ſeßt die Ameiſenigel und das Schnabeltier, welche mit Necht als Vertreter einer eigenen Unterklaſſe der Säuger angeſehen werden könnten, jeßt no zu den Beuteltieren oder gar zu den Zahnarmen.

Daß die Gabeltiere ihre Fungen wirkli<h ſäugen, ſteht ſhon lange unzweifelhaft feſt; aber es gehörten erſt die genauen Unterſuchungen Gegenbaurs dazu, um die wahre Natur ihrer Säugewerßzeuge kennen zu lehren. Früher hatte man ſolche lange vermißt und ſah deShalb die von dem erſten Entde>er gemachte, ſpäter als Fabel bezeihnete Angabe, daß das Schnabeltier Eier lege, ſhon im Anfange unſeres Jahrhunderts als volle Wahrheit an. Aber dieſe richtige Anſicht wurde bekämpft, als Meckel Saugdrüſen am Schnabeltiere auffand, die von anderen Naturforſchern früher nur als S<hleimdrüſen betrahtet worden waren, da bei den Gabeltieren alle äußeren Saugwarzen fehlen; die Drüſen, welche an den Seiten des Bauches liegen, öffnen ſi in vielen feinen Gängen der Haut, welche aber auch an dieſen Stellen mit Haaren bede>t iſt. Weil nun manche männliche Säugetiere ähnliche Drüſen an denſelben Stellen haben, glaubten die erſten Zergliederer niht, daß ſie bei dem Schnabeltiere wirklihe Säugewertzeuge vor ſih hätten, bis Meckel bewies, daß die genannten Drüſen beim männlichen Schnabeltiere nicht entwi>elt ſind, und Bär bemerkte, daß die Milchdrüſen der Wale ebenſo gebaut ſeien. Owen unterſuchte ſpäter (im Fahre 1832) die Drüſen und fand, daß jede etwa 120 Öffnungen in der Haut hat, und daß eine Nährflüſſigkeit durch ſie abgeſondert wird, fand auh den geronnenen Drüſenfaft im Magen der Jungen. Deshalb reihte er die Gabeltiere der Säugerklaſſe ein. Aber am 2. September 1884 berichtete Haa>e der Noyal Society of South Auſtralia in Adelaide, daß er einige Wochen vorher in einem großen, bis dahin unbekannten Brutbeutel eines lebenden Stacheligelweib<hens das in der Sizung von ihm vorgezeigte Ei gefunden habe, und an demſelben Tage wurde in Montreal eine Kabelmeldung verleſen, welche den dort verſammelten Mitgliedern der Britiſh Aſſociation die Mitteilung machte, daß ein anderer, damals in Auſtralien arbeitender Forſcher, Caldwell, die Gabeltiere als Eierleger erkannt habe. Dieſe Entde>ungen mußten eine enge Verwandtſchaft der Gabeltiere mit den übrigen Säugern wieder fraglicher erſcheinen laſſen, um ſo mehr, als Gegenbaur im Jahre 1886 nahwies, daß die Drüſen, welche den ausgebrüteten Jungen der Gabeltiere Nahrung liefern, niht wie die Milchdrüſen aller