Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/1

680 Erſte Drdnung: Baumvögel; zweiunddreißigſte Familie: Kolibris.

Verwandten. Um die Blume zu unterſuchen, fliegt er bis dicht vor ſie hin, hwebt hier mit ſ{hwirrender Flügelbewegung einen Augenbli>, ſchiebt die Zunge in den Kel, zieht ſie hierauf mit einem jähen Rude zurü>, bleibt einen ferneren Augenbli> {weben und nähert ſih mit einem neuen Rude wiederum einer anderen Blüte. Der Flug erſcheint hierdurch ſtoßweiſe und ungleihmäßig, und dies wird no< vermehrt durch beſtändiges Bewegen des ziemli<h langen Schwanzes, den der Vogel bald ſchließt, bald ausbreitet. Der nordamerikaniſche Kolibri dagegen fliegt ſtets gleihmäßig dahin. „Wir fanden“, ſagt ein anderer Berichterſtatter gerade von ihm, „einen ſ{<hönen und in voller Blüte ſtehenden Tulpenbaum und entde>ten bald die kleinen ſummenden, ſ{hwirrenden Flatterer, die den Baum in allen ſeinen Teilen und Zweigen belebten. Sie kreiſten oben über dem Wipfel des Baumes und ſchoſſen auh um ſeine unteren Zweige diht vor unſeren Augen vorüber, bald im Schatten verſhwindend, bald in den Sonnenſtrahlen aufblizend. Anfänglich, ehe ich ſie näher ins Auge zu faſſen vermochte, konnte ih mir faſt ebenſogut einbilden, daß ich ein Heer von Bienen, Horniſſen oder Maikäfern vor mir hatte; denn dieſe Vögel ſ<hlagen faſt ebenſo heftig wie die Brummfliegen mit den Flügeln, die daher zuweilen beinahe unſihtbar werden oder nur wie ein Stü> Schleier erſcheinen. Dies iſt beſonders der Fall, wenn ſie vor dem Kelche einer Blume ſ{<weben, um feinen Fnhalt zu unterſuhen.“ Solange der Kolibri ſih auf einer Stelle erhält, vernimmt man kein Geräuſch des Flügelſhlages; ſowie er ſih aber in ſchnellere Bewegung ſett, bringt ex einen eigentümlih ſcharfen, ſummenden Ton hervor, welcher der Geſamtheit geradezu den Namen „Summvögel“ verſchafft hat. Dieſer Laut iſt verſchieden, je nah den verſchiedenen Arten, bei den größeren im allgemeinen dumpfer als bei den Éleineren, bei einzelnen ſo ausgeſprochen, daß man ſie mit aller Sicherheit an ihrem Geſumme exkennen kann. Es iſt noh keine8wegs hinreihend aufgetlärt, dur< welche Art der Bewegung dieſes Geräuſh hervorgebraht wird, da man die Bewegungen nicht zu unterſcheiden vermag. Man kann höchſtens annehmen, daß der Vogel, wenn er größere Näume durhmißt, ſeine Shwingen noh ſchneller und heftiger bewegt, als während er ſih auf einer Stelle hält; denn ſolange dies geſchieht, verurſacht er eben kein Geräuſch. Der Luftzug, der durch den heftigen Flügelſchlag erzeugt wird, iſt ſehr bedeutend. „Zh bemerkte“, ſagt Salvin, „daß ein Kolibri, der in das Zimmer gekommen war und über einem Stü Watte ſchwebte, die ganze Oberfläche der Baumwolle in Bewegung brachte“ und der alte Nochefort meint nun gar, es wäre, wenn ein Kolibri vorbeifliegt, als ob eine ſ<wache Windsbraut um die Ohren pfiffe.

Über die Richtung des Fluges, über die Linien, die er beſchreibt, kommt man nicht ins flare. Die Schnelligkeit der Bewegung iſt ſo bedeutend und der ſi< bewegende Körper ſo lein, daß die Beobachtung zur Unmöglichkeit wird. ‘Audubon verſichert, daß der nordamerikaniſche Kolibri in langen Wellenlinien die Luft dur<hſchneide, auf gewiſſe Stre>en unter einem Winkel von ungefähr 40 Graden ſi<h erhebe und dann in einer Bogenlinie wieder herabſenke; aber er fügt dem hinzu, daß es unmöglih wäre, dem fliegenden Vogel auf mehr als 50 oder 60 m zu folgen, ſelbſt wenn man das Auge mit einem guten Glaſe bewaffnet habe. Pöppig behauptet, daß die ſichelförmige Geſtalt der Flügel dem Kolibri zwar das ſchnellſte Durchſchneiden der Luft in gerader Linie, jedoh niht das Aufſteigen oder eine andere, minder gewöhnliche Art des Fluges geſtatte. „Daher fliegen Kolibris meiſt nur in wagerecter Richtung 2c.“ Dieſe Angabe ſteht mit den Mitteilungen aller Forſcher, welchen wir Fähigkeit zum Beobachten zutrauen dürfen, entſchieden im Widerſpruch. Gould ſagt, daß der Kolibri jede Art der Flügelbewegung mit der größten Sicherheit ausführen könne, daß er häufig ſenkrecht in die Höhe ſteige, rü>kwärts fliege, ſi im Kreiſe drehe oder, ſozuſagen, von Stelle zu Stelle oder von einem Teile des Baumes zu einem anderen hinwegtanze, bald aufwärts, bald abwärts ſteigend, daß er ſih über die