Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/2, page 566

524 Vierte Ordnung: Hühnervögel; erſte Familie: Faſanvögel.

Das Schnechuhn bewohnt die Alpenkette in ihrer ganzen Ausdehnung, die Pyrenäen, die ſchottiſhen Hochgebirge, alle höheren Berggipfel Skandinaviens, Jsland, die Gebirge Nordſibiriens oder Nordaſiens überhaupt, den Norden des feſtländiſhen Amerika und Grönland. Von den Alpen verfliegt es ſih zuweilen bis auf den Schwarzwald, von den Pyrenäen aus nach den Bergketten Aſturiens und Galiziens und von dem Feſtlande Aſiens aus vermutlich bis na< Nordjapan, falls ein von den dortigen Eingeborenen herrührendes Gemälde wirklih na< einem im Lande erbeuteten Alpenſchneehuhne gefertigt wurde. Nah Norden hin hat man es überall gefunden, wo man das Feſtland oder eine größere Jnfſel betrat. Im Gegenſaße zum Moorhuhne lebt es nur auf kahlen, niht mit Gebüſchen bekleideten Stellen, deshalb auf den Alpen immer über dem Gürtel des Holzwuchſes, nahe an Schnee und Eis, in Norwegen auf den na>ten, mit Gerölle bede>ten Berggipfeln und nur in JS land und Grönland während der Brutzeit in tieferen Gegenden, in den Niederungen ſelbſt in unmittelbarer Nähe des Meeres. Aber das isländiſhe und das grönländiſche Schneehuhn, das in ähnlicher Weiſe lebt, bringt wenigſtens noh einen großen Teil des Fahres auf den Bergen zu. Aus Naddes Berichte geht hervor, daß es in Oſtſibirien ebenfalls nur im Hochgebirge ſi<h anſiedelt.

Das Alpenſ<hneehuhn unterſcheidet ſich in ſeiner Lebensweiſe auffallend von ſeinen Verwandten. Sein Weſen iſ ruhiger, ſeine geiſtige Begabung offenbar geringer als bei dieſen. Jm Laufen und im Fliegen kommt es mit leßzteren ſo ziemlih überein, ja dieſe Bewegungen ſind vielleiht no< leichter als beim Moorhuhne. Abex nur ſelten, da, wo es noh nicht verfolgt wurde, niemals, fliegt es weit in einem Zuge. Schinz und Tſchudi haben gefunden, daß der Flug Ähnlichkeit mit dem Taubenfluge habe; ih bin durch die von mir beobahteten Stücke niemals an Tauben erinnert worden und habe ſie nur mit dem Moorhuhne vergleichen können. Fn einer Fertigkeit ſcheint unſer Huhn ſeine Verwandten entſchieden zu übertreffen. „Jh habe mehrmals bemerkt“, ſagt Holböll, „daß das Schneehuhn nicht allein im Notfalle ſchwimmen kann, ſondern es zuweilen ohne zwingenden Grund thut. Jm September 1825 lag ih mit einer Galeaſſe auf der ſogenannten Südoſtbuht bei Grönland; wir hatten einige Tage Nebel, und mehrere Schneehühner kamen auf das Schiff. Eins von ihnen flog ſo gegen das Segel, daß es ins Waſſer fiel. Jh ließ, da es faſt ſtilles Wetter war, ein Boot ausſeßen, in der Meinung, es werde mir zur Beute werden; aber es erhob ſih mit größter Leichtigkeit vom Waſſer und flog davon. Jm nächſten Winter ſah ih bei 10 Grad Kälte zwei Schneehühner von den Udkigsfelſen bei Godhavn herabfliegen und ſi< ohne Bedenken auf das Waſſer ſeven. Gleichfalls habe ich Sc<hneehühner ſi in einem kleinen Gebirgswaſſer baden und auf ſelbigem herumſhwimmen ſehen.“ Die Stimme iſt von der des Moorhuhnes auffallend verſchieden und höchſt eigentümlich. „Bei ſtarkem Nebelwetter“, ſagt Schinz, „oder wenn Schnee oder Regen fallen will, ſchreien die Alpenſhneehühner unaufhörlih „krögögögöögrä: oder auh „önö-gö öndgöö“. Dagegen wenn ſie ihre Jungen lo>en oder einen Raubvogel erbli>en, ſo ſ{hreien die Alten mehr „gä-gä gagää“ und die Fungen „zip zip zip“. Solche Laute habe ih nie vernommen, vielmehr, ebenſo wie andere Beobachter, nur ein merkwürdig dumpfes, röchelndes, tief aus der Kehle kommendes „Aah“, mit welchem ſich übrigens noh ein Schnarren verbindet, das ſi mit Buchſtaben wohl kaum ausdrüdten läßt. Faber, Holböll und Krüper überſeßzen dieſen Laut durh „arrr“ oder „orrr“; ih meine aber, daß man den R- Laut niht ſo deutlih vernimmt, wie dadurch angedeutet werden ſoll. Den Lo>ruf des Weibhens ahmte mein norwegiſcher Jäger dur einen Laut na, der an das Miauen junger Kagen erinnert und ungefähr wie „miu“ klingt, aber niht treu wiederzugeben iſt.

Gelegentlich der Schilderung ſeiner erſten Jagd auf Alpenſchneehühner bemerkt Boje: „Sie erwarteten auf dem mit Alpenpflanzen ſparſam bewachſenen Felſen wie verſteinert