Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/2, page 575

Steinhuhn. Rothuhn. 533

ſind es muntere und ſ{höne Tiere; allein frei darf man ſie niht laufen laſſen, ſie fliegen gleich davon, und wenn ſie auh den Menſchen niht mehr ſcheuen, ſo fliehen ſie doh deſſen Nähe, ſolange ſie können. Anderen Vögeln gegenüber ſind ſie ſehr zänkiſch, und mit Hühnern beißen ſie ſih weidlih herum.“ Aber die Männchen kämpfen nicht bloß mit fremdartigen Hühnern, fondern au< mit ihresgleihen, und zwar auf Leben und Tod. Ein Pärchen verträgt ſich, zwei Männchen liegen in beſtändigem Streite miteinander, und gar niht ſelten beißt eins das andere tot. Dieſe Unverträglichkeit und Kampfluſt war ſchon den Alten wohl bekannt; denn man hielt die gefangenen Steinhühner hauptſächlich deshalb, weil man ſie zur Beluſtigung der Zuſchauer miteinander kämpfen ließ. Dasſelbe geſchieht heutigestags noc în Fndien und China, woſelbſt man Steinhühner in ſehr hohem Grade zähmt, ja ſie zu förmlichen Haustieren maht. Sie laufen frei im Hauſe umher, gehören förmlih zu der Familie und folgen ihrem Gebieter dur< Hof und Garten. Einzelne werden ſo dreiſt, daß ſie ſi allerlei Ne>ereien herausnehmen gegen Fremde oder die Diener des Hauſes, deren untergeordnete Stellung ſie zu erkennen ſ{heinen. An der Küſte von Veſſa und Elata will ſie Murhard als wirkliche Haustiere, die in Gefangenſchaft gezüchtet und von beſonderen Hirten zur Weide getrieben werden, kennen gelernt haben. Jn Griechenland gelten ſie als Weſen, die Schuß gegen Bezauberung gewähren können, und werden deshalb häufig gefangen gehalten. Hier aber gönnt man ihnen feine Freiheit, ſondern ſperrt ſie in kegelförmige Weidenkäfige ein, die ſo klein ſind, daß ſie ſih kaum herumzuwenden vermögen. Deſſenungeachtet halten ſie viele Fahre in ſo engem Gewahrſam aus.

Jn Südweſteuropa wird das Steinhuhn dur das Nothuhn (Caccabis rufa und rubra, Perdix rubra, rufa und rufido1salis, Tetrao rufus) erſegt. Dieſer \höne Vogel unterſcheidet ſih von jenem hauptſächlich durch die vorherrſchend rötliche Färbung der Oberſeite und dur das breitere, nah untenhin in Fle>en aufgelöſte Halsband. Das Rotgrau der Oberſeite iſt auf Hinterkopf und Na>en am lebhaſteſten, faſt rein roſtrot, nur auf dem Scheitel gräulich; Bruſt und Oberbauch ſind rein aſhgrau- bräunlich, der Unterbauch und die Unterſhwanzde>federn brandgelb; die verlängerten Weichenfedern zeigen auf hell aſchgrauem (Grunde weißlich-roſtfarbene und kaſtanienbraune Querbänder, die durch tiefſ<warze Striche [härfer begrenzt werden. Ein weißes Band, das auf der Stirn beginnt, bildet in ſeiner Verlängerung einen deutlich hervortretenden Brauenſtreifen; das von dem Halsbande eingefaßte, nah innen ſcharf begrenzte, faſt rein weiße Kehlfeld tritt lebhaft hervor. Das Auge iſt hellbraun, der Augenring zinnoberrot, der Schnabel blut- und der Fuß karminrot. Das Weibchen unterſcheidet ſi<h nur dur<h etwas geringere Größe und das Fehlen der ſporenartigen Warze auf dem Hinterlaufe von dem Männchen. Die Länge beträgt 38, die Breite 52, die Fittichlänge 16, die Schwanzlänge 11 cm.

Erſt dur neuere Beobachtungen iſt die Heimat des Nothuhnes mit einiger Sicherheit feſtgeſtellt worden; früher hat man es mit ſeinen Verwandten oft verwe<ſelt. Es bewohnt nur den Südweſten unſeres heimatlichen Erdteiles, von dem mittägigen Frankreich an die nah Süden hin gelegenen Länder und Inſeln, namentlih Spanien, Portugal, Madeira und die Azoren. Auf Malta gehört es bereits zu den Seltenheiten; weiter nah Oſten hin wird es wahrſcheinlih niht mehr gefunden. Vor etwa 100 Jahren hat man es in Großbritannien eingebürgert, und gegenwärtig lebt es hier in einigen öſtlihen Grafſchaften zahlreicher faſt als das Rebhuhn.

„Das Rothuhn“ ſchreibt mir mein Bruder Reinhold, liebt bergige Gegenden, die mit Feldern abwe<ſeln. Jn Spanien findet man es faſt auf allen Gebirgen, mit Ausnahme vielleicht der Züge längs der Nordküſte, bis zu 2000 m über dem Meere. Den dichten Wald meidet es; dagegen ſiedelt es ſih gern in den Parks oder auf dünn bewaldeten