Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/2

Sumpfhühnchen. Wieſenknarrer. 663

faſt verborgene Shwanz und das glatte, jedo<h niht beſonders dichte Gefieder. Dieſes iſt oberſeits auf ſ<hwarzbraunem Grunde ölgrau gefle>t, weil die einzelnen Federn breite Säume tragen, unterſeits an Kehle und Vorderhals aſchgrau, ſeitlih braungrau, mit braunroten Querfle>en, auf den Flügeln braunrot, durch kleine, gelblihweiße Fle>en geziert. Das Auge iſt lihtbraun, der Schnabel rötlih-braungrau, der Fuß bleigrau. Die Länge beträgt 29, die Breite 47, die Fittichlänge 14, die Shwanzlänge 2 ecm. Beim Weibchen iſt die Färbung minder lebhaft.

Der Wieſenknarrer verbreitet ſi< über Nordeuropa und einen großen Teil Mittelaſiens. Südeuropa berührt er regelmäßig auf dem Zuge, ſcheint jedo<h daſelbſt nur ausnahmsweiſe zu brüten, kommt ſelbſt während ſeines Zuges nur einzeln in dieſem Lande vor. Zu meiner niht geringen Überraſchung traf ih ihn einmal in den Urwaldungen Mittelafrikas zwiſchen dem 13. und 11. Grade nördlicher Breite. Das Volk glaubt, daß er die Wachteln beherrſche oder führe; auh die griehiſhen Jäger verſichern mit Beſtimmtheit, daß jedem Wachtelfluge ein Wachtelkönig vorſtehe. Wie das Volk zu dieſem Glauben gekommen iſt, bleibt fragli<, da der Vogel in ſeinem Weſen nichts mit den Wachteln gemein hat, ja nicht einmal genau zu derſelben Zeit wie dieſe wandert. Er erſcheint bei uns im Mai und beginnt ſeine Rü>wanderung Ende Auguſt, nachdem er die Mauſer vollendet hat, kommt jedoch einzeln no< Mitte Oktober vor. Seinen Weg legt er des Nachts zurü>, und wahrſcheinlich durhmißt er den größeren Teil laufend.

Hinſichtlich ſeines Aufenthaltes richtet ſich der Wieſenknarrer nah den Umſtänden. Ex bewohnt fruchtbare Gegenden, insbeſondere Ebenen, ohne jedoch das Hügelland zu meiden, bezieht am liebſten Wieſen, die von Getreidefeldern umgeben werden oder in deren Nähe liegen, liebt aber ebenſowenig ſehr feuchte wie ſehr tro>ene Lagen und ſcheint oft lange ſuchen zu müſſen, ehe er die rechte Örtlichkeit findet. Nach der Mahd begibt er ſi in das Getreide und bei der Ernte von dieſem in das Gebüſch, thut dies jedo<h nict eher, als bis die Senſe ihn dazu zwingt.

Auch er iſt mehr Nacht- als Tagvogel, ſhweigt wenigſtens in den heißen Stunden gänzlih und läßt ſich, mit Ausnahme der Mitternachtsſtunden, die ganze Nacht hindur< hören. Aber er verbirgt ſich bei Tage wie bei Nacht. „Um recht verſte>t ſein zu können“, ſagt mein Vater, „macht er ſih im tieferen Graſe beſondere Gänge, in welchen ex mit der größten Leichtigkeit, und ohne daß ſi< nur ein Grashalm rührt, hin und her läuft. Daraus läßt ſi< auch erklären, daß man ihn bald da und, kurz darauf, bald dort ſchreien hört, ſein vielfahes Umherlaufen auch niht an den Bewegungen des Graſes bemerken kann. Schmale Gräben, die dur< die Wieſen gezogen ſind, benußt er ebenfalls zu ſolchen Gängen. Jn ihnen iſt er, da ſie oben dur< überhängendes Gras völlig geſchloſſen ſind, vor den Nachſtellungen der Raubvögel und vieler Naubtiere geſichert. Beim Laufen, das mit ungeheurer Geſchwindigkeit von ſtatten geht, drü>t er den Kopf nieder, zieht den Hals ein, hält den Leib wagere<t und ni>t bei jedem Schritte mit dem Kopfe. Wegen ſeines ungewöhnlih ſhmalen Körpers iſt es ihm auch da, wo er feine Gänge hat, mögli<h, im dichten Graſe und Getreide ſ<hnell umherzulaufen, da er ſich überall leiht durhdrängen fann. Er fliegt ſchnell, geradeaus, mit {la herunterhängenden Beinen niedrig über dem Boden weg und nur kurze Stre>en durcheſſend, iſt aber ſehr ſ<wer zum Auffliegen zu bringen. Sehr wohl weiß er, daß er unter dem dichten Graſe weit ſicherer als in der freien Luft iſt, und deswegen bringt ihn gewöhnlih au< nur der Hühnerhund zum Auſffliegen. Vox dem Menſchen ſucht er ſih faſt immer zu retten. Eine beſondere Geſchicklichkeit hat er, ſih zu verbergen; er verkriecht ſih niht nur unter dem Graſe, im Getreide und Gebüſche, ſondern ſogar unter den Schwaden und Gelegen und wird gewöhnlich erſt bemerkt, wenn er davoneilt.“ Vor dem Hunde hält er oft ſo lange aus, daß es erſterem nicht ſelten gelingt,