Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 3

Ein Blick auf das Leben der Geſamtheit.

„Doppellebige — Amphibia“ nannte Linné, der Schöpfer unſerer wiſſenſchaftlichen Tierkunde, eine Reihe von Wirbeltieren, die man früher teils zu den „Vierfüßern“ und Säugetieren, teils zu den „Würmern“ gezählt hatte. Dken verſuchte, die unzutreffende Benennung durch ein deutſhes Wort zu erſezgen und wählte den niederdeutſhen Namen der Kröte, Lork oder Lurch, zur Bezeihnung der betreffenden Geſchöpfe, während ſie Cuvier „Kriechtiere — Reptilia“ nannte. Spätere Forſcher legten auf die Verſchiedenheit der Geſtalt, des Baues und insbeſondere der Entwickelung, die ſih bei dieſen Tieren bemerkflih macht, größeres Gewicht, als bis dahin geſchehen, und ſchieden ſie in zwei Klaſſen, zu deren Bezeichnung ſie die bereits gebildeten Namen „Kriectiere““ und „Lurche“ verwendeten. Einzelne Tierkundige ſtanden zwar noh an, die bereits von de Blainville ausgeſprochene Trennung gutzuheißen; heutzutage wird ſie jedoh allgemein anerkannt; man \<ließt ſogar, der Thatſähhlichkeit Nehnung tragend, mit den Kriehtieren die Reihe der höheren Wirbeltiere ab und bezeichnet die Lurche nebſt den Fiſchen als die niederen Klaſſenangehörigen des erſten und bedeutſamſten Kreiſes der Tierwelt.

Die Kriechtiere (Reptilia) ſind „faltblütige“ Wirbeltiere, die zu jeder Zeit ihres Lebens dur< Lungen atmen, alſo keine Verwandlung beſtehen, ein Herz mit meiſt vollſtändigen Vorkammern und unvollſtändig geſchiedenen Herzkammern und äußerlih Schuppen oder Knochentafeln zur Bede>ung haben. Fhr Blut darf inſofern kalt genannt werden, als deſſen Wärme ſtets im Einklange mit der ihrer Umgebung ſteht und ſi< nur wenig über ſie erhebt; mithin ſind ſie eigentli< „we<hſelwarm“/ zu nennen. Die Geſtalt der Kriechtiere zeigt wenig Übereinſtimmendes; denn der Leib iſt bei den einen rundlih oder ſcheibenartig platt, bei anderen lang geſtre>t und wurmförmig, ruht bei jenen auf Füßen, bei dieſen niht; der Hals iſt ſehr kurz und unbeweglih, aber au< lang und gelenkig. Diejenigen, welche Beine haben, beſißen deren gewöhnlih vier; dieſe „ſind aber“, wie K. Vogt ſagt, „ſo ſehr ſeitlih geſtellt, daß ſie mehr als nach außen gerichtete Hebel zum Fortſchieben des oft ſ<hlangenartig ſi<h windenden Körpers, denn als Stüßen wirken können“ und nur ſelten als Stelzen den Leib wirkli<h tragen.

Die Hautbede>ung iſt verſchieden geſtaltet. „Bei einzelnen Eidechſen“, ſagt K. Vogt, „kommen wahre Schuppen, ähnlich denen der Fiſche, vor: dünne Knochenplättchen, die eine Hornſchicht als Überzug haben, einander dachziegelförmig de>en und in Taſchen der verdünnten Hautgebilde eingeſ{<loſſen ſind; bei den übrigen Eidechſen und Schlangen ſpricht man zwar auh von Schuppen, darf indeſſen unter dieſem Ausdru>e niht dieſelbe Bildung verſtehen. Die Haut ſondert ſich hier deutlih in zwei Schichten: die aus Faſern gebildete Lederhaut und die einem erhärteten Firniſſe ähnliche Oberhaut, die von Zeit zu Zeit teilweiſe oder im Ganzen abgeſtreift wird. Die Lederhaut nun bildet bald einfache,

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