Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 3

Schleuderſ<hwanz: Verbreitung. Weſen. Nahrung. Gefangenleben. 59

vertieft, aber doch ſehr deutlich ſichtbar iſt, ſind ziemlih groß. Ungleichartig gekielte Schuppen deen die Oberſeite, Schindelſhuppen die Unterſeite des Leibes, kleine viele>ige Schilde, die teils glatt, teils gekielt ſind und gegen den Hinterkopf und die Schläfen in kegelförmige oder dornige Schuppen übergehen, den Kopf.

Unter den Agamen geht uns dieſe Art am nächſten an, weil ſie auh in Europa gefunden wird. Ausgewachſen erreiht das Tier eine Länge von 28 em, wovon der Schwanz 17 em beanſpru<ht. Färbung und Zeichnung ändern, wie bei ſo vielen C<hſen, niht unerheblih ab. Braungelb, das bis zu Shwärzlichgrau dunkeln oder bis zu Fſabell ſich lichten kann, iſt die Färbung der Oberſeite; lichtgelbe größere Fle>ken längs der Nüenmitte und ſ{<warze Punkte bilden die Zeichnung. Die Beine und Seiten pflegen heller gefärbt zu ſein; der Shwanz, der ſtets mehr ins Bräunliche zieht, zeigt gegen die Spiße hin \<wärzliche Ringe. Die Unterſeite iſt auf gelblihem Grunde dunkel gefle>t und gezeichnet, die Unterſeite des Shwanzes jedo< einfarbig, ſhmugig orangen- oder o>ergelb. Das Männchen unterſcheidet ſich von dem Weibchen namentlih dur< ſeinen verhältnismäßig größeren Kopf und dur<h 3—5 Reihen von Afterporen ſowie eine Doppelreihe von ähnlichen Poren auf der Bauchmitte.

Jn Europa kommt der S<hleuderſhwanz in der europäiſchen Türkei und auf einigen Inſeln des Aegäiſchen Meeres vor. Außerdem verbreitet er ſih über den größten Teil Kleinaſiens, Syriens, Nordarabiens und Ägyptens. Nach Erhard iſt er auf den Kykladen nicht ſelten, aber nirgends ſo häufig wie auf der Fnſel Mykonos, woſelbſt er ſogar die früher dort betriebene Bienenzu<ht durch regelre<te Ausrottung der Fmmen unmöglih gemacht hat. Auch auf Paros, Antiparos und Naxos wird er gefunden; auf den übrigen Kykladen fehlt ex ebenſo wie auf dem griechiſchen Feſtlande, iſt dagegen wieder ſehr häufig auf Kephalonia. Die Bewohner nennen ihn noh heutigestags ebenſo wie zu Zeiten Herodots, nämlich Krokodilos oder Korkodilos.

Weit häufiger als in Europa begegnet man dieſer Dornechſe in Nordoſtafrika. Der „Hardun“/, wie die Araber ihn nennen, iſt ein allbekanntes Tier. Fhn ſieht man faſt aller: orten oft zu Dugzenden oder in noh größerer Anzahl auf Steinen, Felſen, Mauern und Häuſern, deren Wände er ebenſo gewandt beklettert wie die ſchief liegenden Steinflächen. Obwohl anſcheinend plump, ſteht er doh hinſichtli<h ſeiner Bewegungsfähigkeit unſeren Eidechſen kaum nach. Der Lauf geſchieht ſ{<längelnd, aber ſehr raſch, das Klettern genau in derſelben Weiſe, da es eben nur ein Laufen an mehr oder minder geneigten Flächen iſt. Dabei trägt der Schleuderſhwanz den Kopf hoh und macht deshalb den Eindru> eines ſehr unternehmenden, dreiſten und mutigen Geſchöpfes.

Die Nahrung des Hardunes beſteht hauptſächlih, wenn nicht ausſ<ließli<h, aus größeren Kerbtieren, insbeſondere Fliegen, Schmetterlingen und, wie erwähnt, verſchiedenen Immenarten. Dur<h Wegfangen der erſteren macht er ſi ebenſo nüßlih, wie er ſih auf Den griechiſchen Fnſeln dur< Vertilgung der Bienen ſhädli<h erwieſen hat.

In Ägypten wird der Hardun wie alle größeren Echſen von Schlangenbeſhwörern gefangen und öffentlich gezeigt. Außer dieſen würdigen Männern bekümmert ſich nur der europäiſche Forſcher um ihn. Zuweilen gelangt einer oder der andere lebend in unſere Käfige. Jh ſelbſt habe ihn mehr als einmal gepflegt, zur Zeit jedoch niemals Gelegenheit gehabt, mich eingehender mit ihm zu beſchäftigen, bin alſo außer ſtande, aus eigner Erfahrung ſein Betragen in der Gefangenſchaft zu ſchildern. Dank der Freundlichkeit Simons fann ih dieſe Lücke ausfüllen. „Jh beſize“, ſo ſchreibt mir der Genannte, „zur Zeit zwei Hardune, die i<h über Trieſt bezogen habe. Die Tiere, zwei ausgewachſene Stücke, trafen im Juli 1876 hier ein. Jch brachte ſie ſofort in dem in meinem Garten aufgeſtellten, wohl eingerichteten, heizbaren Terrarium unter. Die Wärme, der ſie hier ausgeſeßt wurden,