Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 3

Schleuderſhwanz. Kragenechſe. 61

Dauer 2 Sekunden niht überſchritten haben dürfte. Hieraus habe ih die Überzeugung gewonnen, daß die Hardune ſi bei weitem ſchneller bewegen, beſonders au klettern, als Mauereidechſen. Jh hielt den entflohenen Hardun ſhon längſt für verdorben und geſtorben, als ih am 20. Juni durch die Nachricht überraſht wurde, daß er ſih im benach: barten Garten auf einem Ulmenbaume gezeigt habe. Von einem halbſtündigen Ausgange zurückgekehrt, erfuhr ih, daß er wieder eingefangen worden ſei. Fedenfalls iſt das zähe Feſthalten an dem gewohnten Plate um ſo auffallender, als die Beſchaffenheit der Örtlichfeit eine Weiterwanderung nach allen Seiten hin geſtattete.

„Das Hardunweibchen fiel mir bereits im April dieſes Fahres dur< den ungewöhnlihen Umfang des Leibes auf, und als gegen Ende des Monats die Auftreibung der Bauchde>en mehr und mehr ungleihmäßig wurde und leichte Hervorragungen von der Größe eines Zehnpfennigſtü>es hervortraten, durfte ih hoffen, daß das Tier einem glü>lihen Familienereigniſſe entgegengehen würde. Mehr und mehr verlor es indes an Beweglichteit, blieb faſt immer auf den Heizungsröhren liegen und wurde am 17. Mai tot gefunden. Der ſofort unternommene Kaiſerſchnitt förderte 9 längliche Eier von weißer, einen leihten Stich ins Gelbliche zeigender Färbung zu Tage, deren Größe die unſerer Zauneidehſe übertraf, und deren Gewicht zwiſchen 0,77 und 1,15 g ſhwankte. Nach Lage der Sache muß ih annehmen, daß die Eier in kürzeſter Friſt zur Ablage gekommen ſein würden, das Weibchen aber nicht mehr die Kraft beſaß, die Geburt zu vollziehen. Erſtaunli iſt, wie es überhaupt im ſtande wax, eine ſolche Eiermenge zu beherbergen. Da die beiden Hardune ſi< faſt ſeit Jahresfriſt in Gefangenſchaft befanden, ſcheint es mir außer allem Zweifel, daß die Paarung im Käfige ſtattgefunden hat.

„Das Verhältnis der Hardune zu ihren Mitgefangenen, verſchiedenen ausgewachſenen Zaun- und Mauerechſen, einem Ge>o und einer Blindſchleiche, iſt das vollkommenſter gegenſeitiger Gleichgültigkeit. Fhr Biß iſt kräftig, ſo daß ſie im ſtande ſind, meinen Finger blutig zu rigen. Wenn man ſie zum Beißen gereizt hat, pflegen ſie ihre Kiefer minutenlang in geöffneter Stellung zu belaſſen.

„Die Frage, ob das Tier ſi häutet, kann ich inſofern bejahen, als ih im Jahre 1876 eine Häutung des Kopfes beobachtet habe und auh das entflohene Männchen in ſeiner Häutung begriffen fand. Von irgend einer Krankheit der Tiere habe ih nichts bemerkt. Insbeſondere blieben ſie frei von den Geſchwüren, die ih bei gefangenen Eidechſen zur Entwicelung habe kommen ſehen.“

Nach Y. von Bedriaga beſißt au<h der Schleuderſhwanz die Fähigkeit, unter dem Einfluſſe der Sonne und bei innerer Erregung ſeine Färbung zu ändern und verſchiedene Schattierungen aufeinander folgen zu laſſen. „Erhards ganz ſhwarze Spielart“, ſchreibt er, „habe ih öfters Gelegenheit gehabt, auf Mykonos zu beobachten, und habe zur Überzeugung gelangen können, daß alle Stellionen, ſobald ſie der brennenden Sonnenſtrahlung ausgeſeßt ſind, dunkle Tinten annehmen und allmählih pehſ<warz werden. Der Paarungstrieb ruft ebenfalls bei dieſen Tieren Änderungen der Färbung hervor. So wird in dieſem Falle z. B. ſowohl die Oberſeite des Kopfes als auh der Na>ten ſchön ziegelrot. Dabei iſt bemerkenswert, daß dieſe Farben beim Männchen ſtets greller ſind als beim Weibchen. Dieſe zeitweiſe, nur zux Brunſtzeit auftretende Zierde läßt ſi<h dur< Anwendung von künſtlichen Mitteln niht entfernen; meine in Weingeiſt geworfenen brünſtigen Stellionen haben die rote Farbe des Kopfes und des Nackens beibehalten.“

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Allan Cunningham, bekannt geworden durch ſeine Reiſen in Auſtralien und bemitleidet wegen ſeines kläglichen Endes, entde>te eine der merkwürdigſten Schuppenechſen, die