Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 4

124 Erſte Ordnung: Stachelfloſſer; ſiebenundzwanzigſte Familie: Armfloſſex.

Zu den häßlihſten und ungeſtaltetſten aller Fiſche gehören die Armfloſſer (Pediceulati). „Ein ſonder ſheußli<h, heßlih Thier ſollen dieſe Meerkrotten ſeyn“, ſagt der alte Ge8ner, von der bei uns vorkommenden Art der Familie ſprehend, „an etlihen Orten auff drey Elen lang, haben ſo ein weit Maul, daß ſie auch einen gemeinen Jaghund ver{lingen mögen. Ft ſonſt von zähem fleiſh als Kroſpelen, fla<h von Geſtalt, an der farb braun oder Nußfarb, mit einem groſſen di>éen Kopf, alſo daß gar nah nichts an dem fiſh iſt. Der untere Kiſfba>en ſtre>et ſi< für den obern herauß, derowegen ihm ſein Maul allzeit offen ſtehet. Auff dem Kopff und umb die Augen hat er viel Spig und Dörn, ſeine beide Kiffba>en der Rachen und Zungen voller Zähnen. Vornen auff dem Kopff hat er zwey Sträußlein, auch etliche hinten auff dem Rücken, aber kleiner, welche ſehr übel ſtinden ſollen. So dieſe fiſh außgezogen, und weit außgeſpannet werden, und ein Lieht darein gethan wird, ſo gibt es ein wunder ſcheußliche Laternen, dann auj jonſti der fiſh ſ<heußli<h anzuſehen iſt, auß Urſach ihn etliche Nationen Meerteuffel nennen. — Dieſe fiſche ſollen an kfrautihten Ufern wohnen, und ſehr fräſſig ſeyn, dem Menſchen nachſtellen, auff die ſhwimmenden acht haben, ſie bey den Gemächten erfaſſen, zu Grund ziehen, und endlich freſſen. Er fſüllet ſi< au< ſo voll anderer fiſche, daß die Einwohner an dem Meer, wo ſie einen groſſen fahen, ihn auffhauen, daß ſie die friſhe fiſh ihm auß ſeinem Bauch nehmen Viel der fiſchen ſind, die ſih mit ſonderem Liſt und Betrug, ſo ihnen von der Natur gegeben, weyden und ſpeiſen. Fn ſolchem ſol dieſe Meerkrott andere übertreffen , dann als gehöret, jo haben ſie vornen an ihrem Maul Hörnlein, welche ſie bewegen, in dem Lät oder Kath, als ob es Würmlein wären, welchen ſo die kleinen fiſh nahſ<hwimmen als Würmlein, werden ſie von ihnen gefreſſen. — Das fleiſch dieſer Thiere fol niht in die Speiß kommen, dann es iſt von ſhle<tem Geſhma> und eines heßlihen Geru<hs. Doch ſol der bau von ihm das beſte ſeyn.“ Dieſe Beſchreibung iſt im weſentlichen rihtig; denn die Armfloſſer leben in der That ganz ähnlih, wie Gesner es geſchildert, erfüllen noh heute jedes Auge mit Abſcheu und ſind in Wahrheit ſo gefräßig, daß auh gegenwärtig die engliſchen Fiſcher der von Gesner beſchriebenen Art den Bauch aufſchneiden, um die darin befindlichen Fiſche zu gewinnen und zu verwerten,

Al3 wichtigſtes Merkmal der Familie, die niht mehr als ein Dugzend Arten zählt, müſſen die verlängerten Handknochen der Bruſtfloſſen angeſehen werden, die gewiſſermaßen einen Fuß bilden und auh wirklih zur Stüge dienen, ja ſogar dieſe Fiſche befähigen, nach Art der Säugetiere über ſ{hlammigen Grund wegzukriehen. Die vordere Nüenfloſſe pflegt, wenn vorhanden, nur aus einzeln geſtellten Strahlen zu beſtehen; die Bauchfloſſen ſind kehlſtändig. Sonderbare Anhängſel, die wirklih gebraucht werden, um andere Fiſche herbeizulo>en, und die, nah Dwen, wieder exſeßt werden, falls ſie Derlreni gingen, ſtehen auf dem meiſt ungeheuerlih verbreiterten Kopfe; die Kiemende>el öffnen nur eine kleine Spalte oder runde Höhle unter den Bruſtfloſſen; der Unteraugenknochen fehlt; das übrige Gerippe iſt halb fnorpelig, die Haut in der Regel ſhuppenlos, bei einzelnen Geſhlehtern jedoh mit knochhigen Hö>ern oder di>füßigen Dornen beſeßt. Das Maul iſt außerordentlih groß, der Magen ein weiter Sa>, der Darmſchlauh hingegen ſehr kurz.

Jn den nördlichen Meeren leben wenige Arten; denn auch dieſe Familie gehört vorzugsweiſe den Gleicherländern an und entfaltet hier ihre eigentlihe Mannigfaltigkeit. Über die Lebensweiſe ſind eigentlih nur bei einer Art Beobachtungen angeſtellt worden; dieſe aber genügen vollkommen, um zu beweiſen, daß das Weſen dieſer Fiſche mit ihrer Geſtalt im Einklange ſteht, nämlich ebenſo ſonderbar und eigentümlich iſt wie dieſe.