Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 4

Seehaſe: Verbreitung. Leben8weiſe. Anheften. Fortpflanzung. 139

bewegt, vielmehr an Felſen und Steinen vermittelſt ſeiner Bauchfloſſe, deren er ſih wie eines Schröpfkopfes bedient, feſtheftet und hier der Dinge wartet, die kommen. Der Zuſammenhang ſeiner Scheibe mit den Gegenſtänden, auf denen er ſih befeſtigt hat, iſt ſehr innig: Hannox berechnete, daß eine Kraft von 36 ke Gewicht erforderli ſei, um einen 20 em langen Seehaſen loszureißen; Pennant erfuhr, daß man einen Eimer, an deſſen Boden einer ſih angeſogen hatte, an ihm ſamt dem Waſſer in die Höhe ziehen konnte. An einem anderen beobachtete man eine 15 cm lange, auf der Stirn angewachſene Tangranke und glaubte ſi, von dieſem Funde folgernd, zu der Anſicht berechtigt, daß er wochenlang auf einer Stelle liege und warte, bis ihm Quallen und kleine Fiſche, ſeine Nahrung, ſih mundreht nähern.

Gefangene ſaugen ſi< ſofort an einer geeigneten Stelle des Be>ens, auh an der glätteſten Glastafel, feſt und verweilen in dieſer Stellung ſtunden- und halbe Tage lang, ohne etwos anderes als ihre Kiemen zu rühren, laſſen ſi<h dur ihnen zugeworfenes Futter aber doh bewegen, ihren Plaß zu verlaſſen. Jm Been ſchnappen ſie nah Muſchelfleiſh und Würmern, verſchonen aber kleine Fiſche faſt gänzlich.

Gegen den März hin ändern ſi< Färbung und Weſen des Seehaſen; die Färbung geht ins Nötliche über, und der Fiſh macht ſih jezt auf, um ſeihtere, zum Laichen geeignete Küſtenſtellen aufzuſuchen. Fabricius gibt an, daß der Lump den felſigen Buchten Grönlands ſi<h Ende April oder Anfang Mai nähere, daß die Rogener vorauszögen und die Milchnerx ihnen unmittelbar folgten, daß erſtere ihren Laich zwiſchen größeren Algen, vorzugs1weiſe in Felsſpalten, ablegten, die leßteren dieſen befruchteten und dann dicht neben oder über den Eiern ſich feſtſeßten. Jch laſſe gern dahingeſtellt ſein, ob die Berehnungen, die man angeſtellt hat, um die Anzahl der Eier zu ermitteln, richtig ſind oder niht; ſo viel ſteht unzweifelhaft feſt, daß die Vermehrung ganz außerordentlich ſtark iſt. Bei einem Weibchen von 3 kg Gewicht wog der Rogen 1 ke; jedes Eichen aber hat die Größe eines mäßigen Schrotkornes: die Geſamtmaſſe würde alſo nur nah Hunderttauſenden zu bere<nen fein. Fabricius erwähnt, daß das Männchen bei den Eiern treue Wacht halte und wirfli< erhabenen Mut bekunde, ſogar mit dem fürchterlihen Seewolfe anbinde und dieſem, entflammt von Vaterliebe tödliche Wunden beibringe; Graf de Lacépède glaubt ſih bere<tigt, dieſe Angabe zu bezweifeln; ſie wird aber durh neuere Beobachtungen volltommen beſtätigt. So erzählt Fohnſton, Berichte der Fiſcher wiedergebend, daß das Männhen die Eier bedede und in dieſer Lage verweile, bis die junge- Brut ausſ<hlüpft. Bald, nachdem dies geſchehen, heften ſih die Jungen an den Seiten und auf dem Rücken des Männchens feſt, und nunmehr macht dieſes ſih mit der teuern Ladung auf, um die Brut in tiefere und ſicherere Gründe zu tragen. Gegen Ende November haben die Jungen eine Länge von 10 cm erreicht.

Eine regelre<hte Verfolgung erleidet der Seehaſe niht, wenigſtens niht von dem Menſchen. Nach Couch beißt er zuweilen an die Angel; doch iſt dieſer Fang immer ſehr unſicher. Fn Grönland und Fsland erbeutet man ihn mit Netzen oder ſpießt ihn mit einem gabelförmigen Eiſen an, wenn man ihn zwiſchen den Meerpflanzen liegen ſieht. Einen viel ſ{limmeren Feind als den Menſchen hat er an dem Seehunde, der ihn ſehr gern zu freſſen ſcheint, obgleich er ihn vorher erſt mühſam ſ<hälen muß. Das Fleiſch der Weibchen iſt mager und ſ{hle<t, das der Männchen fett und ſhmachaft, gilt ſogar bei den Jsländern, namentli<h wenn es einige Tage in Salz gelegen hat, als Le>erbiſſen und wird als ſolcher fremden Gäſten vorgeſeßt. Die britiſchen Fiſcher genießen es bloß, ſo lange der Lump rot gefärbt iſt, und unterſcheiden deshalb mit aller Beſtimmtheit zwei Arten unſeres Fiſches