Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 4

160 Erſte Ordnung: Stachelfloſſer; zweiundvierzigſte Familie: Harder.

unerträgliche Hiße im Halſe und Schlunde, worauf Erbrechen von Schleim, Ekel, zugleich au< Stuhlzwang und Zerſchlagenheit der Glieder eintraten. Dieſe Krankheitszeichen verſ<wanden gewöhnlih erſt nah einigen Tagen wieder. Riſſo glaubt, die Urſache dieſer Wirkungen in der Nahrung des Fiſches, die in Meduſen und insbeſondere in Blätterquallen beſteht, ſuchen zu dürfen, da befanntlih dieſe Tierchen eine brennende Schärfe beſißen. Daß ſie dem Fiſche nihts ſchaden, braut uns niht wunder zu nehmen.

Harder (Mugilidae) heißen etwa 80 verſciedenartige, wohlgeſtaltete Seefiſhe mit geſtre>tem, rundlichem Leibe und großen, auch den Kopf bekleidenden Schuppen, zwei dur eine weite Lüke getrennten Rü>enfloſſen, deren erſte nur vier Strahlen enthält, kurz hinter den Bruſtfloſſen ſtehenden Bauchfloſſen, quer ſtehendem, e>igem, di>lippigem Maule und, falls ſol<he überhaupt vorhanden, kleinen, feinen Zähnen. Bei den meiſten Arten zeichnen ſih außerdem die Verdauung8werktzeuge dur<h eine ganz abſonderlihe Bildung aus; ſo haben z. B. die ſehr entwi>elten Schlundknochen eine winkelige Geſtalt wie die Mundöffnung und verengern dadurch die Speiſeröhre, weshalb die Harder auch nur flüſſige, verdünnte oder feine Nahrungsmittel verzehren können; der Magen aber iſ ſehr muskelig und endigt in einen fleiſhigen Vormagen wie bei den Vögeln; Pförtneranhänge finden ih in geringer Anzahl; der Darmſhlauh hat lange und viele Windungen.

Die Harder leben in den mit dem Meere in Verbindung ſtehenden Süßgewäſſern wie in ſeichteren Seebuchten, Häfen und anderen Küſtenteilen der Meere. Auch ſie bilden in der Regel zahlreiche Shwärme und vereinigen ſih dabei mit Seebarben und anderen verträglichen Fiſchen. Fn Gemeinſchaft ſolcher Genoſſen kommen ſie, nah Ausſage der Fiſcher des Noten Meeres, mit der Flut in die Nähe des Ufers und kehren mit der Ebbe in die See zurü>, ſuchen alſo immer das flache Waſſer, wohin ihnen ihre natürlihen Feinde, die größeren Naubfiſche, niht folgen können. Jn die offene See hinaus wagen ſie ſih nicht, und niemals ſteigen ſie in beträchtliche Tiefen hinab, halten ſih vielmehr auh dann, wenn ſie das fla<he Waſſer einmal verlaſſen, in den oberen Schichten des Meeres auf. Zuweilen gefallen ſie ſih hier in Spielen, indem ſie ſtre>enweit über die Oberfläche dahinhüpfen. Jhre Nahrung beſteht in Shlamm und Sand, oder vielmehr in den in beiden enthaltenen pflanzlichen und tieriſhen Stoffen. Da, wo ein trüber oder zeitweilig dur<h Regen getrübter Bach ins Meer ſtürzt, ſammeln ſie ſi< gewöhnlih in Menge. Sie gründeln wie unſere Karpfen und halten dabei ihren Leib wagereht. Jhre Laichzeit beginnt im Roten Meere Ende März, an den nordeuropäiſhen Küſten im Frühſommer und währt etwa 2 Monate. Vor dem Laichen erſcheinen ſie ſtets in ſehr zahlreichen Shwärmen, nah dem Laichen meiſt nur in kleinen Trupps von etwa zehn Stü>k an den gewohnten Pläßen. Jhr Fleiſch iſt gut und wird friſch ſowie eingeſalzen gegeſſen. Fhr Fang erfordert geſhi>te Fiſcher und beſondere Neve, weil ſie die für andere Fiſche verderblichen Garne oft überſpringen. Außer dem Menſchen ſtellen ihnen alle fiſchfreſſenden Raubtiere nah; auh werden ſie von verſchiedenen Schmaroßern geplagt.

Bei den Meeräſchen (Mugil), welche die artenreihſte und wichtigſte Gattung der Familie bilden, iſt der Mund klein, die Mundſpalte in der Mitte leicht gefaltet, die Unterlippe gewöhnlih höerig, einem Ausſchnitte der Oberkinnlade entſprechend; die Zähne ſind jehr klein und ſtehen ſo weit voneinander ab, daß man ſie kaum auffindet.