Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 4

Dritte Ordnung. Die Weichfloſſer (Anacanthini).

„Die Weichfloſſer ſind Fiſche, die im inneren Baue mit den Stachelfloſſern übereinſtimmen, deren Shwimmblaſe, wenn vorhanden, auh ohne Luftgang iſt, die aber nur weiche Strahlen haben. Fhre Bauchfloſſen, wenn vorhanden, ſtehen an der Bruſt oder Kehle.“ Mit dieſen Worten kennzeihnet Fohannes Müller die von ihm aufgeſtellte Ordnung, und wenn man dem ergänzend noch hinzufügt, daß die unteren Shlundknochen ſtets getrennt ſind, hat man geſagt, was im allgemeinen über die hierher gehörigen Fiſche zu ſagen iſt. Eine Ausnahme macht ein Süßwaſſerfiſh (Gadlopsis) aus Tasmanien und Südauſtralien, der im vorderen Teile der Nü>en- und Afterfloſſe Stacheln beſitzt.

Anders verhält es ſih, wenn man die Bedeutung, welche die Weichfloſſer für uns haben, ins Auge faßt. So wenige Familien nämlich dieſe Ordnung begreift, und ſo gering die Anzahl der Arten jeder einzelnen Familie iſt, ſo außerordentli<h iſt deren Wichtigkeit für die Fiſcherei. Die Weichfloſſer ſind es, die jahraus jahrein die Fiſhmärkte mit den geſuchteſten und beliebteſten Seefiſhen verſorgen, ſie, denen zu Gefallen Tauſende von Schiffen ausgerüſtet werden, die Hunderttauſenden von Menſchen Beſchäftigung und Verdienſt gewähren. Fhretwegen verſammeln ſi<h alljährlih die größten aller Flotten an beſtimmten Stellen, troßen die Fiſcher dem grauenvollſten Wetter. Der Handel mit ihnen verbindet ſeit Jahrhunderten die entfernteſten Völker, iſt ſeit dieſer Zeit für einzelne Gegenden und Länder die hauptſächlichſte Quelle der Einnahmen, des Wohlſtandes geweſen und wird eine ſolche bleiben, ſolange noh Faſtenſpeiſen geboten und genoſſen werden.

Die erſte Unterordnung der Weichfloſſer, die der Dorſchfiſche (Gadoidei), eröffnen die Wolfsfiſhe (Lycodidae), deren Hauptmerkmal die vom Nücken bis zum After durchgehende unpaarige Floſſe iſt. Es ſind kleine, zu beträhtliher Tiefe hinabſteigende Uferfiſche, die beſonders dem Arktiſhen und Antarktiſchen Meere angehören und zwiſchen den Wendekreiſen nur dur<h wenige Arten vertreten werden. Unſere Abbildung zeigt einen Vertreter der gleichnamigen Gattung (Lycodes), die in neun Arten im Arktiſhen Meere, in vier Arten um die Südſpize Südamerikas vorkommt.

Der Wolfsaal (Lycodes muraena) gehört den nordiſhen Meeren an. Die Stücke, nah welchen die Art aufgeſtellt wurde, ſtammen teils von Bänken bei Helgoland, teils aus offener See bei Bären-Eiland und Spißbergen aus Tiefen von 350—658 Faden.